Es ist eine etwas seltsame Ideologie, die davon ausgeht, dass jede Massengilde nun die Pforten für jeden öffnen wird, der die Gildenmissionen sehen will, schließlich ist die GW2-Gemeinschaft ja eine große, glückliche Familie, in der jeder in altruistischer Weise alles mit jedem teilt.
Wer würde verneinen, dass jeder größere Gildenverband sich nur so auf die Leute freut, deren Motivation für den Beitritt nur darin besteht, bei den Gildenevents nicht nur als Zaungast dabei sein zu dürfen, nur um anschließend, wenn sie langweilig geworden sind, sofort zur Karteileiche zu mutieren. Das ist doch der Traum einer jeden Gildenorganisation!
Im Umkehrschluss ist das auch ein tolles Gefühl. Juhu, ich komme als Bittsteller an, frohlocket, denn ich habe nichts zu eurem bisherigen Erfolg beigetragen, aber dennoch werde ich euch sogar mal repräsentieren, wenn wir gerade eine für mich lukrative Gildenmission absolvieren, denn ihr habt ja schließlich absolutes Verständnis dafür, dass ich sonst gerne die Gilde repräsentieren würde, die aus meinen Freunden besteht, mit denen ich schon jahrelang unterwegs bin. Sicher doch, was auch sonst.
Im Endergebnis ist der Spieler, der nicht in einer Gilde Mitglied ist, die ohne weiteres an diese Missionen herankommt, der Dumme. Ob Vielspieler oder nicht, will er an diese Inhalte heran, muss er als Bittsteller bei den großen Gilden antreten, während diese Gilden wiederum zwar dadurch Zulauf erhalten, das aber in großem Stil von Leuten, die sich eigentlich gar nicht mit der jeweiligen Gilde identifizieren oder identifizieren wollen und unter anderen Umständen einen solchen Schritt gar nicht erwogen hätten.
Das ist doch konzeptionell ein Schuss in den Ofen und passt in die GW2-Landschaft, die nicht ohne Grund viele kleine Gilden hat, so nicht hinein. Nachvollziehbarer wäre das System, wenn sich Gilden zu diesem Zweck zu Koalitionen zusammenschließen könnten, zeitlich befristete Zweckbündnisse, die darauf fußen, dass für den Start jede Partei einen bestimmten Betrag an Einflusspunkten investiert und anschließend alle Fraktionen gemeinsam die jeweilige Mission absolvieren können. Auf diese Weise könnte man auch kleinere Gilden an Ereignissen im größeren Maßstab beteiligen, während große Gildenverbände das ganze auch auf eigene Faust organisieren können, und das ohne die oben beschriebenen Nebeneffekte bezüglich der Spielermigration und ohne den organisatorischen Aufwand, erst eine Koalition schmieden zu müssen, was Vorteil genug sein dürfte.
Mir drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass bei ArenaNet zwar zahlreiche Leute tätig sind, die mit Herzblut bei der Sache sind, die Planungsabteilung jedoch mit mehr Enthusiasmus als gründlicher Überlegung zu Werke geht. Die Zahl harter konzeptioneller Schnitzer, beginnend vom anfänglichen WvW-Entwurf mit Kugeln der Macht, die zu heftigen Schneeballeffekten für die überlegene Partei führten, über die Kombination aus Massenschlacht, Löwenstein und Testwochenende während der Karka-Krise bishin zu den Gildenmissionen in ihrer gegenwärtigen Form, ist dafür zumindest ein Indikator. Ich hoffe, dass man sich diesbezüglich im Laufe der Zeit im positiven Sinne steigern wird und nicht jeden Fehler erst machen muss, bevor man aus ihm lernen kann.