Posts von Maria Murtor.7253 anzeigen:

Der Weiße Mantel (Zusammenfassung)

in Lebendige Welt

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Für viele Spieler sind die Vorfälle rund um den Weißen Mantel womöglich schwer zu verstehen; insbesondere dürfte das auf die Nicht-„Guild Wars 1“-Veteranen zutreffen. Aber selbst die haben sicherlich gehörig an der Geschichte und deren Zusammenhänge zu knappern. Aber wen wundert’s? Um über wirklich allen (und damit meine ich alles) im Bilde zu sein, muss man weit, weit, weit zurückgehen und die Puzzleteile aus allen möglichen Teilen zusammentragen: Manuskript, „Guild Wars – Prophecies“-Hauptgeschichte, Nebenquests, Bonus Mission Pack, „Guild Wars – Eye of the North“ „Guild Wars Beyond“, „Guild Wars 2“, Lebendige Welt, Schlachtzüge und schließlich die ganzen Papierschnipsel, Tagebucheinträge und sonstige Aufzeichnungen. Da kommt einiges zusammen. Die Geschichte ist so gestrickt, dass auch gewisse Nebensächlichkeiten erwähnt werden müssen, um den Faden nicht zu verlieren. Ich möchte versuchen, die Begebenheit rund um den Weißen Mantel kurz und knapp zusammenzufassen – jedenfalls so gut und kurz wie es mir möglich ist. Übrigens: Dieser Text enthält natürlich Spoiler! Fehler sind übrigens nicht ausgeschlossen. Es ist wirklich eine Menge Geschichte, die erzählt wird.

Die Anfänge: Drachen, Vergessene und ein Drachenchampion

Vor mehr als 10.000 Jahren, bevor – Überlieferungen zufolge – die Menschengötter Tyria verließen (Exodus der Götter), wüteten die Alt-Drachen auf dem Kontinent. Sie verzehrten die ungezügelte Magie auf der Welt, trugen zum Aussterben einiger Rassen (z. B. der Großen Riesen – siehe Giganticus Lupicus -) bei und wurden im Laufe der Zeit unter anderem von einem brüchigen Bündnis aus Mursaat, Zwerge, Seher, Vergessene und Jotun bekämpft. Den Vergessenen gelang es, ein Ritual zu entwickeln, das Untergebene der Alt-Drachen von deren Joch befreien vermochte (siehe Die Ruinenstadt Arah – Vergessenen-Pfad). Im Zuge ihrer Erkenntnisse befreiten sie die Drachin Glint, die zu dieser Zeit ein Champion von Kralkatorrik war. Irgendwann verfielen die Alt-Drachen in einen Schlaf; wahrscheinlich, weil sämtliche Magie auf der Welt aufgebraucht war. Warum die Geschichte mit Glint wichtig ist, mehr dazu später.

Schaffung einer neuen Welt, Konflikte und Blutsteinfragmente

(Vorab: Hier gibt es eine Unstimmigkeit: In den Manuskripten heißt es, die Vergessenen kamen während der Erschaffung der Welt durch die Menschengötter. „Guild Wars 2“ erzählt aber darüber, dass die Vergessenen bereits vor der Formung der Welt Tyria bewohnten. In der Sondersammlung der Abtei gibt es ein Buch, das die Theorie nahelegt, dass die Magie, die von den Göttern in die Welt gebracht wurde, erst für das Erwachen der Alt-Drachen verantwortlich war. Ein anderes unterstützt wieder die These aus den Manuskripten. Sei es wie es sei.)

Die Götter der Menschen – das müssen damals Abaddon, Balthasar, Dhuum, Dwayna, Melandru und Lyssa gewesen sein – erschufen die Welt neu. Sie waren es, die den Überlieferungen zufolge den jungen Völkern Tyrias wie z. B. den Menschen und den Charr, mächtige Magie schenkten (Jahr 1 vor dem Exodus). Mit diesem Geschenk kam es zwischen den Völkern zu blutigen Kriegen. Die Vergessenen zogen sich daraufhin immer weiter zurück bzw. wurden unweigerlich zurückgedrängt. Als die Welt am Abgrund stand, machte sich der Anführer der vereinten Stämme der Menschen, König Doric, nach Arah, der Stadt der Götter, auf, um ein Eingreifen der Götter zu erflehen. Er fand Gehör: Die Götter entfernten die mächtige Magie und verschlossen sie in einen Stein. Dieser wurde mit dem Blut Dorics versiegelt, in die unterschiedlichen Magieaspekte aufgespaltet und in einen Vulkan geworfen. König Doric und dessen Nachkommen wurden von den Göttern dazu auserkoren, fortan den Frieden auf der Welt zu wahren. Danach verschwanden die Götter (Exodus der Götter im Jahre 0).

Der Krieg der Menschennationen (Gildenkriege) und deren (teilweise) Untergang

Im Laufe der Jahre gingen aus dem gemeinsamen Menschenstamm drei Königreiche hervor: Orr, Kryta und Ascalon. Orr war das prächtigste und blühendste unter ihnen, das im Schatten von Arah, der Stadt der Götter, entstand. Orrianer waren bekannt für ihre Künste und die Hingabe zu den Göttern. Dort, wo das Königreich Ascalon entstehen sollte, vertrieben besagte Ascalonier die Charr, kultivierten das Land und errichteten dort ihre Häuser und Mauern. Das wohl bekannteste Bauwerk war der Große Nordwall, eine Schutzvorrichtung vor den nordwärts vertriebenen und rachelüsternen Charr, in deren Schatten sich auch die Krytaner und Orrianer sicher wissen konnten. Das letzte Königreich, Kryta, wurde im Jahre 300 nach dem Exodus als Nation Elonas gegründet und erlangte etwa 50 Jahre später seine Unabhängigkeit. Eines vereinte die drei Königreiche: In deren tiefsten Inneren entwickelte sich eine Kraft, die solche Ausmaße erreichte, dass selbst die königlichen Armeen ihnen nicht mehr gewachsen waren: Gilden. Die größten Gilden der drei Nationen konkurrierten untereinander. Die Konflikte nahmen ein solches Ausmaß an, dass man fortan von den „Gildenkriegen“ spricht. Die Spitze wurde erreicht, als der Vulkan, in dem die Blutsteinfragmente schlummerten, ausbrach, die Blutsteine in alle Himmelsrichtungen geschleudert wurden und die verschlossene Magie erneut freigesetzt wurde. Diese Konflikte wurden jäh von der Charrinvasion aus dem Norden beendet. Ascalon als erste Nation brannte nieder, vermochte aber, die Invasoren vorerst zu bremsen und die Stellung zu halten. Die Orrianer versuchten in ihrer Not, einen Schutzzauber zu wirken, der die Invasoren tatsächlich zurückschlug, aber so mächtig und unberechenbar war, dass das Königreich versank. Für Kryta sollte ein anderes Schicksal bereitstehen – und hier beginnt der wichtige Teil dieser Zusammenfassung.

Der Aufstieg des Weißen Mantels

Der Feind (Charr) stand vor der Tür und die Nation Kryta war durch die Gildenkriege zu sehr geschwächt, als dass sie hätten standhalten können. Der damalige König Krytas war getürmt und die Nation stand ohne Anführer und unorganisiert da. Einer dieser Krytaner war Saul D’Alessio – gebrandmarkter Spieler, Trunkenbold und Dieb. Nachdem er für seine Verbrechen schuldig gesprochen worden war, wurde er ins Exil geschickt. Der gebrochene Mann wanderte Tage und Wochen westwärts, bis er auf eine alte Zivilisation stieß: den Mursaat. In ihnen sah (und das ist wortwörtlich gemeint, denn nur er konnte die Mursaat sehen = Die Ungesehenen/die Unsichtbaren) er seine neuen Götter, huldigte ihnen und wurde von ihnen aufgenommen. Saul kehrte als neuer Mensch nach Kryta zurück. Unter seinem religiösen Banner vereinte er die verzweifelten Menschen und gründete den Weißen Mantel. Diese Vereinigung schaffte das Unmögliche: Als einzige Nation schafften sie es, die Charr zurückgeschlagen. Während des letzten Gefechts (dort findet man auch Lazarus) wurde Saul Magie zuteil, die nur die Mursaat besitzen. Aufgrund dieses Geschenks gingen sie erfolgreich aus dieser Schlacht hervor. Der Preis, den Saul hierfür zu zahlen hatte, war teuer: Einfache Mitglieder des Mantels, die die Unsichtbaren gesehen hatten, wurde hingerichtet. Er selbst wurde von den Mursaat verschleppt, auf dass er nie wieder gesehen wurde – bis vor Kurzem (dazu später mehr). Als einer seiner treusten Anhänger wurde Beichtvater Dorian der neue Anführer des Weißen Mantels. Ihm direkt unterstellt war Justiziar Hablion. Durch die neue Führung blühte das Königreich Kryta auf; eine Militärherrschaft, denn einen wahren KöLiebscheb es nicht mehr, nur noch der Weiße Mantel. Dieser legte den Glauben an die alten Götter der Menschen ab und huldigte fortan den Unsichtbaren.

Die Flammensucher-Prophezeiung und der Aufstieg neuer Helden

Von all diesen Ereignissen und noch viel mehr wusste die vor Jahrtausenden befreite Drachin Glint. Sie schuf eine Prophezeiung, die über diese und weitere kommende Ereignisse berichtet. Unglücklicherweise wussten die Völker Tyrias nie die vollständige Prophezeiung, sondern nur Bruchstücke. In der Zeit, als Ascalon von den Charr überrannt worden war, machten sich einige Ascalonier – unter Führung des Thronprinzen Rurik – nach Kryta auf, um dort einen Neuanfang zu wagen. Die Reise war gefährlich: Die Vorräte waren knapp, die Flüchtlinge müde, Charr lauerten, auf den zu überquerenden Zittergipfeln brannte ein Bürgerkrieg zwischen dem Steingipfel und Deldrimor (Zwerge) und zu allem Überfluss gab es keine Garantie, dass die bis vor Kurzem verfeindende Nation Ascalons in Kryta überhaupt aufgenommen wurde. Während der Überquerung der Zittergipfel starb Prinz Rurik und die verbliebenen Ascalonier schleppten sich – durch die Unterstützung der Deldrimor-Zwerge – mit letzter Kraft nach Kryta. Zu ihrem Glück hieß man sie willkommen und sie fanden in der Provinz Nordkryta ein neues Zuhause: Die Siedlung Ascalon entstand. Einige Ascalonier imponierten dem Weißen Mantel so sehr, dass sie sogar in deren Reihen aufgenommen wurden. Ihnen wurde die Ehre zuteil, ein ganz besonderes Ritual durchzuführen: die Suche nach dem Auserwählten. Durch ein Artefakt der Mursaat, dem Auge von Janthir, war es möglich, unter der Bevölkerung besonders magiebegabte Menschen zu finden. Der Weiße Mantel gab vor, diese Menschen zu fördern. Man suchte sie und brachte sie – angeblich – an einen entfernten Ort, wo sie diese Magie studieren konnten. Eine Widerstandsgruppe, die Glänzende Klinge, wusste jedoch davon, dass dies nur Schein war. Tatsächlich suchte der Weiße Mantel diese Auserwählten nur, um sie auf einem der Blutsteine zu opfern. Denn die Mursaat wussten von einem Teil der Flammensucher-Prophezeiung. Es hieß, die Auserwählten führen ihre Vernichtung herbei, nämlich indem sie ein Siegel brächen, hinter dem eine Gefahr schlummerte, der nicht einmal die Mursaat gewachsen seien: die Titanen. Durch ihre Opfer auf dem Blutstein wanderten die Seelen in den Seelenspeicher, der das Siegel, hinter dem die Titanen verschlossen waren, mit Energie speiste. Als Nebeneffekt wurde die Magie, die in dem Blutstein wohnte, von Opfer zu Opfer stärker. Die Glänzende Klinge, die nur wusste, dass diese Rituale durchgeführt werden, aber nicht zu welchem Zweck, weihte die Ascalonier in die dunklen Machenschaften ein, woraufhin sich besagte Ascalonier dem Widerstand anschlossen. Justiziar Hablion, der diese blutige Rituale ausführte, wurde selbst auf dem Blutstein der gerechten Sache zugeführt. Der Weiße Mantel, erbost über diesen Verlust, schlug mit aller Härte zurück. Die Glänzende Klinge und ihre ascalonischen Verbündeten flohen. Durch die Hilfe des Wesirs Khilbron von Orr, der in den Ascaloniern ebenfalls Auserwählte sah, die den Sturz des Weißen Mantels herbeirufen konnten, machte man sich auf den Weg in die Kristallwüste, um dort die Prüfungen des Aufstiegs abzulegen. Nur durch dieses Ritual war es möglich, die unsichtbaren Mursaat zu sehen und so zu bekämpfen. Als letzte Prüfung schlugen sich die Ascalonier durch die Drachenhöhle durch und bekamen eine Audienz bei der Drachin und Prophetin Glint, die über das weitere Vorgehen in Bruchstücken berichtete. Nach einem Zwischenstopp in den südlichen Zittergipfeln, bei dem der amtierende Anführer des Mantels, Beichtvater Dorian, im Kampf fiel, machte man sich zusammen mit den Resten der Glänzenden Klinge und dem Wesir Khilbron auf, die Mursaat-Feste auf der Feuerring-Inselkette anzugreifen. Dabei wurde das Siegel des Tors von Komalie geöffnet und die Titanen ungewollt befreit. Wesir Khilbron gab endlich zu erkennen, er sei der Flammensucher, der die Macht der Titanen für sich beanspruchen wolle, um Tyria zu unterwerfen (ebenfalls Teile der Flammensucher-Prophezeiung, die er kannte). Tatsächlich gelang es ihm, die Titanen zu kontrollieren und begann mit Angriffen auf die Städte der Völker. Die Auserwählten Ascalonier bezwangen jedoch schließlich und endlich den Flammensucher, besiegten die Titanen und verschlossen sie wieder hinter dem Tor von Komalie. Die Flammensucher-Prophezeiung war erfüllt.

Eine neue Königin braucht das Land und der letzte Mursaat

In Kryta ging hingegen der Kampf weiter. Der Weiße Mantel war geschwächt, aber noch regierte er. Auch die verbliebenen Mursaat waren wenig über die herben Verluste glücklich. In den Ländereien regte sich immer mehr der Widerstand, denn die Glänzende Klinge berichtete über die Lügen des Mantels über die Auserwählten und somit über die Meuchelmorde. Es kam zum Aufstand. Die letzte Verbliebene des einstigen Adelhauses, Prinzessin Salma, führte gemeinsam mit der Glänzenden Klinge die Rebellion an. Neue Bündnisse wurden geschmiedet, darunter auch mit Ascalon (Ebon-Kompanie) und den Asura. In einer letzten gewaltigen Schlacht um Löwenstein wurde der Weiße Mantel vernichtend geschlagen und die Mursaat nahezu völlig vernichtet. Nur einer überlebte, indem er sein Selbst in Fragmente aufteilte, die er zuvor aus Furcht vor den Titanen in Wirtskörpern versteckt hielt: Lazarus. Nach und nach begann Lazarus, die Fragmente wieder zusammenzusuchen, um sich wiederherzustellen. Doch einer dieser Wirtskörper, Justiziar Naveed, wollte dies nicht hinnehmen, denn dies sollte seinen Tod herbeiführen, von dem er erst nachträglich erfahren hatte. Er führte ein Ritual durch, durch das Lazarus’ eingeschlossener Aspekt vergiftet wurde. Als sich der letzte Mursaat den Aspekt aneignen wollte, wurde Lazarus versiegelt und sollte so schnell nicht mehr gesehen werden.

Mehr als 300 Jahre später: Ein versteckter Widerstand

Mittlerweile sitzt Königin Jennah auf dem krytanischen Thron. Im Laufe der Zeit überwachen – als eine Form der Gewaltenteilung – die Minister streng das Vorgehen ihrer Königin. Einer dieser Minister ist Caudecus. Insgeheim versucht er mit kleineren Intrigen, die junge Königin in Misskredit zu bringen (beispielsweise: der Niedergang der Falken-Kompanie), sogar eine Entführung und gemeinen Mord veranlasst er (Caudecus’ Anwesen Story). Im Hintergrund, abseits dieser Geschehen, wächst der Weiße Mantel im Maguuma-Dschungel zu neuer Kraft heran. Die Organisation, eine wilde Zusammensetzung aus Banditen, ascalonischen Separatisten und religiösen Fanatikern, wünscht sich die alte Zeit zurück, in der kein König, sondern der Weiße Mantel über Kryta regiert und nicht den alten Göttern, sondern den Mursaat huldigt. Der Mantel hat überall seine Spione, schleust sie sogar bei der Abtei Durmand und dem Orden der Gerüchte ein. Folglich wissen sie auch von Caudecus’ Aversion gegen die Königin. Im Geheimen schließt sich der Minister dem Mantel an und etabliert sich allmählich, bis er den Rang eines Beichtvaters erreicht und somit die amtierende Anführerin, Beichtmutter Esthel, ablöst. Doch innerhalb der Organisation gibt es Streit. Man ist sich nicht einig, wie man zur Erfüllung der Pläne vorzugehen hat. Während außerdem ranghohe Mitglieder des Mantels eine Wiedererweckung des letzten Mursaats mithilfe der Blutsteine wünschen, gibt sich Caudecus insgeheim bereits damit zufrieden, irgendwann Herrscher über Kryta zu sein, und möchte Blutsteine als Waffe hierfür nutzen.

Blutsteine

Im Maguuma-Dschungel wächst der Widerstand gegen Königin Jennahs Herrschaft allmählich heran. Die Festung der Treuen ist die Kommandozentrale des Mantels und wird von kleineren Vorposten bewacht. Durch die Vernichtung Mordremoths durch den Pakt wird – wie schon bei Zhaitan auch – enorme Energiemassen in der Welt freigesetzt. Besonderes Aufsehen erregen seltsame Begebenheiten im Verlassenen Dickicht. Der Pakt macht sich auf, diese Vorfälle genauer zu untersuchen, und stößt hierbei versehentlich gefährlich nahe auf einen Außenposten des Weißen Mantels, der von Saboteurin Sabetha angeführt wird. Das Erkundungsteam des Pakts wird daraufhin von den Banditen im Schutze der Dunkelheit überfallen, Mitglieder getötet und Gefangene gemacht. Diese Gefangenen werden nach und nach vom Pakt befreit (Schlachtzug: Geistertal und Erlösungspass), der Tal-Wächter (eine Schutzvorrichtung der Mursaat) besiegt und die Banditen vernichtet. Am Ende des Erlösungspass gibt sich zum ersten Mal ein ranghohes Mitglied des Weißen Mantels zu erkennen: Matthias Gabrel. Während des Kampfes gegen den Eiferer verfällt dieser in einen Wahnzustand. Im Rahmen ihrer Forschungen mit Blutsteinkristallen, die der Mantel als Waffe einzusetzen versucht und hofft, Lazarus durch diese Kraft zu erwecken, injizieren sich bestimmte Mitglieder des Weißen Mantels diese Blutsteinkristalle, was den Wirt mutieren lässt. Die Kraft nimmt zu, der Körper wächst und die Seele verfällt in einen Wahnzustand. Doch Matthias Gabrel kann besiegt werden. Im nächsten Gefecht in der Festung der Treuen fällt ein weiteres ranghohes Mitglied des Mantels: Xera. Diese arbeitete bis zu diesem Punkt hingebungsvoll an Lazarus’ Erweckung und schafft es, so lange Zeit zu schinden, dass dies tatsächlich gelingt. Was sie jedoch nicht wusste, war, dass Caudecus, der nichts für die Mursaat übrig hat, sondern nur auf seine Alleinherrschaft abzielt, ihr tatsächlich einen falschen Lazarus untergejubelt hat, der befreit wurde.

Nachforschungen, der Untergang des Beichtvaters und ein verschollener Prophet

Der Pakt stellt immer weitere Nachforschungen an. Im Rahmen dieser sucht er den Blutsteinsumpf auf. In gerade diesen Moment kommt es zu einer schrecklichen Explosion, bei der das gesamte Gebiet von der ausgestoßenen Magie pervertiert wird. Aufzeichnungen geben Aufschluss darüber, dass der Mantel Forschungen über den dort liegenden Blutstein getrieben hat, und in diesem Rahmen auf experimentiert hat. Hier fand man heraus, dass Blutsteine besondere Kräfte entfalten, wenn man sich in lebende Körper pflanzt; außerdem, wie man die Jadekonstrukte, eine antike Waffe der Mursaat, erweckt. Die Seelen auf den Blutsteinen geopferten Menschen kehrten außerdem nach der Vernichtung des Seelenspeichers (siehe Flammensucher-Prophezeiung) als Geister zum Blutstein zurück, dem sie nach dessen Detonation fortan heimsuchten. Aufzeichnungen lassen ebenfalls vermuten, dass die Magie der besiegten Drachen den Blutstein immer weiter auflädt. Dies manifestiert sich insbesondere durch die Blutsteinkristalle, die unter dem Blutstein wachsen und die freigesetzte Magie speichern und einen besonderen Schub bei Mordremoths Tod erhielten. Bei der letztendlichen Detonation saugt das Wesen, von dem viele glauben, es handle sich dabei um Lazarus, einen Teil der freigesetzten Energie auf. Wenig später lässt Caudecus endlich seine Tarnung fallen und präsentiert sich der Welt als neuer Anführer des Weißen Mantels. Doch die Organisation ist gespalten: Sollen sie dem Beichtvater folgen oder dem, von dem sie glauben, der letzte Mursaat zu sein? Kurze Zeit später macht sich Caudecus auf, Götterfels anzugreifen. Viele der unzufriedenen Minister und Mitglieder der Ministeriumswache geben sich in diesem Zug ebenfalls als Mitglieder des Mantels zu erkennen. Doch die Seraphen schlagen mithilfe des Pakt-Kommandeurs und den verbündeten Charr zurück. Es kommt zum letzten Gefecht in Caudecus’ Anwesen, bei dem der Beichtvater der Gerechtigkeit zugeführt wird. Zwischenzeitlich stößt der Pakt außerdem auf eine Einrichtung der Mursaat: die Bastion der Bußfertigen (Schlachtzug). Bei dieser Einrichtung handelt es sich um eine schwer bewachte Gefangeneneinrichtung, die ein fremdes Eintreten verhindern und das, was im Zentrum verborgen liegt, einsperren soll. Dort findet und befreit schließlich den Gefangen Saul D’Alessio, der längst seine Nähe zu den Mursaat bereut.

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

Die Flut aus Stahl: Synchronistation

in Bugs: Spiel, Forum, Webseite

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Bei einer der letzten Missionen der persönliche Geschichte fehlt gleich bei mehreren Dialogen die deutsche Synchronisation, wobei ich schwören könnte, dass sich besagte Stellen seit Spielbeginn und dem heutigen Tag nicht verändert haben. Die gesamte Mission habe ich hier aufgezeichnet:

Nächste Mission ebenfalls:

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

Persönliche Geschichte seit 23.06.2015

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Als ich nach und nach die Traits meiner Charaktere neu verteilte, fiel mir beim Wächter ziemlich stark die Möglichkeiten ins Auge, ihn im Fokus Zustandsschaden zu spielen. Weil ich mich ohnehin mal dem neuen Spezialisierungssystem von Anfang an stellen und die (zum Teil) neu vertonten Videosequenzen anschauen möchte, spiele ich zurzeit einen neuen Charakter hoch und nehme jedes Kapitel der Persönlichen Geschichte auf. Vielleicht ist es nicht das ruhigste Gameplay, aber womöglich gerade für die Leute interessant, die noch einmal alle (beziehungsweise zum größten Teil) Dialoge anhören möchten.

Hier gehts zur Playlist.

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Die fünf Gefährten hatten sich um den Leichnam des Hohepriesters versammelt; oder vielmehr das, was noch von ihm übrig war: die schwarze Robe umsäumt von einem Häufchen Asche. Jeder Auferstandene im Raum hatte dasselbe düstere Schicksal ereilt, nur Augenblicke, nachdem das violette Feuer den Magier verzerrt hatte. Nur Tebbys Leichnam war zwischen den ganzen Aschedünen, Kleidungsresten und Waffen übrig geblieben. Der natürliche Lauf der Dinge würde den Rest besorgen. Riona wurde von Vespa gestützt. Ihr rechter Arm war ausgerenkt und das linke Bein waren ausgerenkt, einige blaue Flecken unter ihrer Rüstung schwollen zu prächtigen Blutergüssen an. Nichts, was ein Stückchen Apfelkuchen und eine Mütze gesunden Schlaf nicht wieder zu richten vermochten, wie sie nach dem Erwachen müde gescherzt hatte. Auch Ekkill war wieder auf den Beinen; auf den ersten Blick etwas übernervös, da der Reststrom in dem Nornkörper die Muskeln hin und wieder ungewollt zucken ließ.
Nancy ging auf die Knie. Neben der Kleidung, dem schaurigen Stab und einer Ansammlung von Asche hatten nur noch zwei weitere Dinge die gewaltige Druckwelle überdauert, die die Magie aus den seelenlosen Hüllen gewaltsam herausgepresst hatte. Die Fackel mit dem violettfarbenen Licht in Nancys Hand brannte unnachgiebig. In der anderen Hand hielt sie das goldene Amulett des Klerikers. Die enthaltene Magie vibrierte sanft.
„Ich spüre Restmagie. Orrianisch“, sagte sie und blickte in die Runde.
Kriegsmeister Leddron belächelte das Kleinod herablassend. „Dann nehmt es mit. Aber bei Baelfeuer, wenn nur eines die Strapazen wert war, dann dieses … dieses Ding!“ Anerkennend nickte er Richtung Fackel.
„Woher wusstet Ihr das?“, wollte Nancy plötzlich von Riona wissen. Leddron und Ekkill taten es der Gelehrten gleich und schauten Riona an. „Woher wusstet Ihr, dass der Zauber der Auferstandenen brechen würde?“
Riona lächelte sanft, doch Vespa schnitt ihr das Wort ab. „Gerüchte Geheimnis. Psst!“ Die Charr schnitt eine Grimasse.
Protestierend öffnete Nancy den Mund, doch diesmal war Riona schneller. „Eigentlich müsstet gerade Ihr das verstehen, Nancy, denn es war eigentlich Eure Idee.“
Verständnislos zuckte die Gelehrte die Schultern.
„Die Signatur, erinnert Ihr Euch?“, erklärte Riona. „Die Fackel reagiert auf orrianische Magie. Darum verschlang sie das Feuer. Darum konnte Vespa ihre Magie auf mich wirken und Ihr Eure Zauber sprechen, hingegen die Magie des Priesters aufgesogen wurde. Das Feuer durchbrach die Barriere, weil sie dieselbe Signatur aufwies. Und natürlich entzog sie den Auferstandenen sämtliche Magie.“
Nancy machte ein Gesicht, als ob das brachiale Wissen ganzer Bibliotheken über sie hereinbrach. „Natürlich! Oh, das ist genial! Das ist … das …“ Wie ein Kind im Bonbonladen streunte Nancy unruhig hin und her. „Genial!“, wiederholte sie begeistert. Dann stockte sie plötzlich, das Gesicht in nachdenklichen Falten gehüllt. „Dann ist das hier …“ Das Amulett pendelte unruhig zwischen den Zeigefingern der Gelehrten, während sie es in das Feuer hielt. Doch nichts geschah. Kein gieriges Verschlingen, keine Stoßwelle, noch nicht einmal Ruß wollte das Metall beflecken. „Es stimmt“, nickte sie. „Es ist ein orrianisches Artefakt. Und die Auferstandenen … in ihnen fließt Drachenmagie. Sie alle tragen dieselbe Signatur … nämlich die des Altdrachen Zhaitan! Das Feuer reagiert also nicht auf orrianische, sondern auf Drachenmagie. Dieses Wissen ist unbezahlbar.“
„Das ist mir alles zu kompliziert“, schüttelte Ekkil den Kopf und gähnte danach ausgiebig. „Können wir jetzt endlich gehen? Mich juckt es überall. Außerdem kann ich mich nicht mehr daran erinnern, wann ich mir das letzte Mal die Kehle befeuchtet habe.“
Es waren die letzten Worte, die sie am letzten Ruheort des Priesters wechselten. Keiner wollte mehr länger als nötig hier verweilen. Vereint in ihrer Sehnsucht nach dem ersten lauen Sonnenstrahl, der den Alptraum dieser viel zu langen Nacht endgültig beenden sollte, kehrten sie der Kammer den Rücken zu. In stiller Trauer blickte Nancy noch einmal über die Schulter.
„Lebewohl, Tebby.“

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Der Stab schien zu explodieren – ein Knall, wie ein gezündeter Vierpfünder. In einem lüsternen Wettlauf um das Fleisch der Lebenden stoben die Blitze heran, versengten auf ihrem vernichtenden Pfad die verstümmelten Leichen und den Boden selbst. Mit aller Kraft rissen Riona und Vespa die am Boden kauernde Abtei-Gelehrte zurück. Aussichtslos, wie sie beide insgeheim wussten, laut auszusprechen jedoch nicht wagten. Konnten sie diesem Angriff vielleicht noch mit knapper Not entgehen, dem darauffolgenden dagegen sicherlich nicht. In Verzweiflung wurden Schwerter gezogen und Dolche; alles, was in ihrer lähmenden Hilflosigkeit auch nur den bloßen Ansatz von Schutz bot.
Das magische Licht der fallen gelassenen Fackel geriet mit einem Mal außer Kontrolle, just in dem Augenblick, als die heranrasenden Blitze den Lichtträger eigentlich in Stücke hätten zerreisen müssen. In einem blendenden Ausbruch violettfarbenen Lichts erwachte die Fackel schier zum Leben. Der metallische Schafft zappelte unruhig über den Boden, während am anderen Ende das flackernde Feuer immer mehr einem Mund glich, der in unendlicher Gier seinen Durst an den Blitzen stillte. Es war ein Sog, dem sich die Magie des Klerikers nicht entziehen vermochte.

Eine gespaltene Kulisse. Ungläubigkeit. Hoffnung. Entsetzen. Dominiert von einer unheimlichen Stille. Abwechselnd starrte Riona auf das nun wieder kontrollierte violette Züngeln der Fackel sowie das ausgemergelte Gesicht des Priesters, von dem sie vermutete, wäre noch etwas Farbe darin, er würde auf der Stelle erblassen. Er hatte Angst.
Der Magier wirbelte herum, wo am anderen Ende der Halle die Seinen in Untätigkeit verharrten. „Vernichtet sie!“, brüllte er ihnen hysterisch zu.
Aus Dutzenden Kehlen quollen die gemeinsamen Schreie wie aus einer. Klingen wurden in die Höhe gerissen. Das Land unter den donnernden Füßen der Auferstanden schrie laut auf.
Indessen Leddron in verwegener Gelassenheit sein Schwert zum letzten Gefecht zog, sprang Riona in rasanter Bewegung über die verzagende Nancy am Boden hinweg. Ihre Gedanken kreisten in Ungewissheit und Todesangst, noch als sie das kühle Metall der Fackel in den Händen spürte. „Vespa! Tarnung! Jetzt!“, schrie sie über die Schultern.
„Zehn Sekunden. Zwölf maximal“, nickte die Charr, ohne Fragen zu stellen oder auf eine Antwort zu warten. Zu kurz oder ausreichend … bedeutungslose Worte im Angesicht des Todes.
Riona versank von Kopf bis Fuß in einem Fass öliger Tinte, so wie die letzten zwei Male, als sich die beiden Gerüchte-Frauen aus besonders prekären Lagen hatten herauswinden müssen. Vespas Tarnungsmagie verlieh dem Träger ein einmaliges Gefühl von Unbeschwertheit, als ob alle weltlichen Sorgen und jedes Herzleid vergessen waren. In dieser Welt, wo die Zeit nur halb so schnell zu verrinnen schien, existierten keine Farben, nur schwarz und weiß. Geräusche waren ein verschwommenes Dröhnen, Gerüche und jedes körperliche Gefühl nicht existent.
Nur ihr eigener Herzschlag überholte die rasenden Schritte auf den Priester zu, indes ihr eine Sturmflut untoten Fleisches entgegenschwappte, sie bald überrollen und wegschwemmen würde. Riona passierte den bewusstlosen Ekkil zu ihrer Linken. Gleich darauf kam ihr die untote Tebby mit dem Dolch in Händen entgegen, der ihr zuvor in der befleckten Brust gesteckt hatte. Doch das Verlangen in dem Blick der blutleeren Hülle galt den anderen Lebenden im Raum, denn die gewaltige Magie, die die körperlichen Überreste zurück ins Diesseits gebracht hatten, vermochte nicht den Schleier zu durchschauen, hinter dem sich Riona verbarg. Die letzte Bestätigung die Riona brauchte, als sie Tebby hinter sich ließ: Das magische Feuer der Fackel reagierte nicht auf Vespas Tarnungsmagie, nur auf orrianische.
Die Narben auf den Gesichtern der Auferstandenen kamen mehr und mehr zum Vorschein. Nur noch Augenblicke trennten die Waldläuferin von Leben und Tod. Rionas Beine verließen zum letzten Mal den Boden. Ihr Magen rotierte. Das Gefühl von Unbeschwertheit verließ allmählich ihren Körper. Immer mehr holte das Gefühl sie ein, durch ein Netz tentakelartiger Fangarme zu schwimmen. Sie spürte die Taubheit in ihren Beinen, der Krampf in ihrem Herzen, die Schlinge um den Hals, die Atemlosigkeit. Die Auferstandenen brüllten. Der Schleier verschwand. Rionas erschöpftes, doch wutverzerrtes Gesicht schälte sich aus den Schatten auf. Die kalten Augen des Priesters weiteten sich in Panik.
Mit der Wucht eines Rammbocks durchstieß das lodernde Ende der Fackel die unsichtbare Barriere und bohrte sich in das Gesicht des Hohepriesters. Die Fackel begann zu beben. Die Todesschreie erstickten in dem Gelage verschlingender Flammen. Die nachfolgende Druckwelle schleuderte Riona meterweit zurück. Noch bevor sie die Schmerzen des Aufpralls erlitt, wurde es ihr schwarz vor Augen …

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

„Frevler! Erfahrt Eure gerechte Strafe!“ Ein wässriges Gurgeln quoll aus dem Rachen der Kreatur. Den Stab wie einen Speer auf die Eindringlinge gerichtet, ließ die muschelförmige Spitze ein wütendes Grollen verlauten. Ein Sturm blauer Blitze stob heraus, schnalzten über den Boden. Leddron, an vorderster Stelle, hob noch das Schwert in Verteidigungshaltung, doch bereits der erste Blitz riss ihm die Waffe gewaltsam aus der Hand. Leddrons Schneide segelte noch durch die Luft, als die nachfolgenden Funkenstöße den Charr in einem unbarmherzigen Meer von Qualen ertränkten. Erst nur auf die Knie gezwungen, krümmte und zuckte Leddron kurz darauf vor Schmerzen schreiend wie ein Wurm. Rionas Fackel fiel scheppernd zu Boden. Ein Pfeil verließ die Sehne ihres blitzschnell gespannten Bogens. Ein Eisspeer von fast zwei Metern jagte dem Geschoss hinterher. Nicht ein Muskelzucken und keine Miene verzog der Hohepriester, als das Projektil kurz vor seinen Augen in hohem Bogen abprallte, als ob eine unsichtbare, meterdicke Steinmauer zwischen ihm und dem Pfeil stand. Der Eisspeer hingegen zersprang in Brusthöhe. Riona spannte zwei weitere Pfeile und jagte ihrem ersten Angriff hinterher. Der Erfolg jedoch blieb derselbe. In ihrer Machtlosigkeit erschauderten die Frauen. Doch waren zumindest die letzten Stromstöße auf Leddron abgeklungen. Die Krallen des Charr rissen tiefe Furchen in den gepflasterten Boden, während er sich mühselig aufrichtete. Noch nicht wieder fest auf beiden Beinen, griff er nach seiner fallen gelassenen Klinge.
„Ich spüre mächtige Magie. So etwas habe ich … noch nie gespürt“, wisperte Nancy. Vor ihnen, noch in einigen Metern Entfernung, regte sich Ekkill; ein kurzes Zucken seiner Glieder, ein Ächzen, mehr brachte er nicht zustande. „Wir werden sterben, riskieren wir eine Konfrontation.“
Leddrons Blick blieb auf dem Auferstandenen und den Heerscharen um diesen herum haften. Zwischen seinem angriffslustigen Zähnefletschen grollte er: „Fliehen? Und Ekkill? Lieber möchte ich tausend qualvolle Tode sterben, als dass ich meine Männer in Feigheit zurücklasse.“
Riona suchte Vespas Blick. „Wie kriegen wir ihn heraus? Und schaffen es selbst?“
Die Charr schüttelte nur den Kopf. „Verschwinden wir.“
„Gelehrte Nancy …“
Nancys Atem stockte. Unter dem sanften, magischen Glühen seines Stabes löste sich der Hohepriester weiter aus der Menge, bis er die Mitte des Raumes erreichte. Das boshafte Wesen bohrte seinen Blick in das erstarrte Gesicht der Gelehrten. „Hier ist jemand. Jemand, der Euch sprechen möchte. Tretet hervor!“ Unter der fließenden Bewegung seines Armes zu seiner Linken flatterte der lange Ärmel seines Ornats wie Segel im Wind. Sich langsam nähernde Schritte trübten die Grabesstille. Sie kamen … aus der rechten Kammer. Dem Ostflügel. Riona stülpte es den Magen um.
Ein Schrei, so voller Angst, so voller Verzweiflung. Unter Tränen sank Nancy nächst zu der von Riona fallen gelassenen Fackel zu Boden, den Kopf unter ihren Händen begraben. Sie konnte es nicht, sie wollte es nicht sehen. Die vormalige Tebby war kaum wiederzuerkennen. Eine pervertierte Gestalt. Die Haut nur noch brüchiges, graues Leder. Kalter Hass in den Augen, die vor Stunden noch vor kühler Rationalität strotzten. Die Asura, noch mit dem Dolch in der Brust, bezog Stellung an der Seite des Priesters. Sie war eine von ihnen geworden.
„Findet Euren Frieden unter den Schwingen des Drachen. Werdet eins mit uns. Auf ewig.“
Nancy krümmte sich in Verzweiflung, während Tebby – oder das, was von der Gelehrten noch übrig war und mit ihrer verfälschten Stimme – auf sie einsprach. „Du bist nicht … du bist es nicht!“, kreischte Nancy und riss dabei den Kopf in die Höhe. Dicke Tränen quollen ihr aus den Augen.
Tebby erwiderte mit einem Grinsen.
„Du bist es nicht!“, wiederholte Nancy aus heiserer Kehle. Keine eisigen Speere mehr, sondern funkenschlagende, faustgroße Kugelblitze donnerten paarweiße aus Nancys ausgestreckten Händen. Ihr Zorn entlud sich auf die Asura, doch schirmte der unsichtbare Schild des Hohepriesters sogar dessen Umfeld ab, sodass abermals Nancys Magie ergebnislos an der Barriere zerschellte.
Die geifernden schwarzen Zähne des Klerikers bleckten, während er eine mitleidslose Grimasse schnitt. Ein weiteres Mal hob er seinen Stab. Ein letztes Mal. „Sterbt!“

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Die Reihen der Auferstandenen im Südflügel hatten sich gelichtet. Nancy sicherte den Fluchtkorridor; derselbe Weg, den sie ursprünglich gekommen waren. Er war verlassen. Nächst zu ihren Kameraden entstieg Vespa aus einem lichtfressenden Vakuum. Schwere, metallische Atemzüge verformten das sonst so geruhsame Gesicht zu unerbittlicher Erschöpfung. Schweiß glänzte auf dem rostbraunen Fell. Ein feines Blutrinnsal quoll aus einer unförmigen Wunde am rechten Oberarm. Einen ihrer Dolche hatte sie im Kampf um das Überleben verloren. Passend dazu klebten in den ausgefahrenen Krallen ihrer rechten Pranke faulige Fleischreste, „Souvenirs“, wie sie beiläufig mit grimmiger Miene scherzte.
Trotz etlicher Verletzungen, nahezu überall, wo kein hartes Metall Ekkils Haut bedeckte, kämpfte der Norn mit unverminderter Härte erbittert weiter. Erschöpfung hatte jedoch sein zu Anfang noch wildes Grinsen abgelöst. Wann immer er sich nicht gerade mit langsamer Rückwärtsbewegung Richtung Ausgang bemühte, zerfetzten seine schleimbeschmierten Stiefel die morschen Schienbeine vor ihm, während die kräftigen Hiebe seines Streitkolbens Schädel wie Nüsse knackten und sein schmutziges Gesicht mit weiterem Eiter befleckte. „Bei der Nase des Wolfes!“, röchelte er. Ihm war mittlerweile speiübel. Nancys Eisspeere verschafften dem Norn etwas Spielraum zu dessen Rechten. Einmal noch zertrümmerte der Streitkolben einen Kiefer, dann setzte Ekkil zum Spurt Richtung Ausgang an – ein Rammbock, der keine Kompromisse machte.
Nichts wollte dem Krachen gleichkommen, das die Geräuschkulisse sprengte. Ekkil schnürte es die Kehle zu, das Gesicht brannte in jähen Schmerzen lodernd auf, bevor es ihn rücklings zu Boden warf. Unversehens schnitt ein kaltes, bellendes Lachen die panischen Rufe nach Ekkils Namen ab. Ein schlaksiger Mann trat aus den Reihen der Auferstandenen am Ende des Raumes hervor, in seinem stolzierenden Gang und den schwarzen Augen gleichermaßen nichts als blasierte Verachtung. Nur in wenigen Details unterschied sich sein Gesicht von dem der anderen Orrianern: Ein in die Jahre gekommenes, hauchdünnes, löchriges Betttuch, das sich gewaltsam um den ausgebleichten Schädel spannte. Die rechte Ohrmuschel der Kreatur fehlte, ebenso ein Teil der Nase, an deren Stellen nun rußige Löcher klafften. Die Kleidung, jetzt zwar verwaschen und porös, zeichnete sich jedoch deutlich von den anderen Roben und Gewändern ab, wirkte bei näherer Betrachtung sogar aufsehenerregend. Unter dem extravaganten Rüschenkragen zogen sich schmale Silberstreifen je links und rechts über die Brust des schwarzen, langen Ornats. In dem Zwischenraum waren goldene Symbole eingestickt – orrianische Schriftzeichen, die denen auf den Gräbern ähnelten. Horizontal um die Stirn spannten sich zwei Bänder, die der juwelenbedeckten, pilzförmigen Haube den notwendigen Halt gab. Um den schlanken Hals schlang sich eine Goldkette, an der in Brusthöhe ein reich verziertes goldenes Amulett befestigt war. Die spindeldürren Finger seiner rechten Hand umklammerten den Schaft eines Ebenholzstabes, dessen längeres Ende wie eine zackige, fast halbe Meter große Muschel aussah, oder aber schrecklich an den Brustkorb eines ausgeweideten Tiers erinnerte. In stiller Ehrfurcht wichen die Seinen zurück.
Auch Nancy wich zurück. Stolpernd. Aus Angst. Die Gelehrte hauchte etwas, was sich Riona mit viel Phantasie als „Hohepriester“ zusammenreimte.

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Der Strom von fauligen Untoten riss nicht ab. Waren die Gräber zwar mittlerweile erschöpft, hatte der Lärm jedoch weitere Auferstandene jenseits der Halle alarmiert. Von der nördlichen Passage her kommend schlossen sich weitere Diener des Drachen dem Konflikt in den Katakomben an: Akolythen, die zu Lebzeiten betörenden, jugendlichen Gesichter von Verderbnis entstellt, Tempeldiener und sogar Priester. Es waren jene, die zu Lebzeiten die körperlichen Überreste in der Gruft beigesetzt hatten. Jetzt kämpften die versklavten Kreaturen unter gemeinsamen Banner Seite an Seite. Leddron hielt gleich fünf Orrianer auf einmal – mehr mit seinem schäumenden Zähnefletschen als mit dem Großschwert – in Schach. Vor dem Charr türmten sich abgehackte Gliedmaßen wie Brennholz auf. Irgendwo dazwischen lag die Pistole; das letzte Blei gewaltsam aus dem silbernen Lauf gequetscht und der Kolben zertrümmert, nachdem Leddron die Waffe als Knüppel zweckentfremdet hatte. Sein Glück stand auf Messers Schneide. Immer mehr Raum büßte der Charr zwischen seinem eigenen Stahl und den verrosteten Klingen ein. Fauchend preschte eine Kreatur vor, als sich eine Lücke in der Verteidigung des Wachsamen aufgetan hatte. Leddron parierte den Schlag mit seiner eigenen Klinge und stieß den Angreifer wütend zurück. Doch das gewährte gleich den anderen vier Orrianern eine Möglichkeit – die sie auch nutzten.
Rionas Schwert raste heran. Die Wirbelsäule des Auferstandenen knirschte bei Kontakt mit dem Stahl kurz auf, darauf zerbarst sie und trennte Unter- von Oberkörper, woraufhin das Leuchten der Magie in den Augen verschwand. Mit der anderen Hand schwang Riona die Fackel, als hielte sie den Kopf eines fauchenden Drachen in Händen. Die Untoten stoben auseinander; wütend, manche sogar sichtlich verängstigt, doch gleichermaßen mit unnachgiebigem Kampfwillen.
„Wir müssen hier raus!“, schrie Riona Leddron zu. Selbst durch die Todesschreie dahinscheidender Orrianer und das Stakkato klirrenden Metalls vernahm sie die Furcht in ihrer Stimme.
Die Auferstandenen zogen ihren Kreis um die zwei Verteidiger allmählich wieder enger. Das violette Feuer der Fackel bleckte die Zähne – eine Schwelle, die die Messer und Schwerter der Auferstandenen nicht überqueren wollten. Oder konnten.
Statt gleich zu antworten, trennte Leddron mit einem Aufwärtshieb den aufdringlichen Schwertarm eines Aggressors vom restlichen Körper. Der Ausgang befand sich in weiter Distanz. Verweilen konnte sie jedoch auch nicht. Und weitere Untote rückten bereits von Norden her nach.
„Ich decke Euren Rücken, wenn Ihr meinen deckt. Los!“ Widerworte erwartete Leddron nicht – womit er auch recht hatte. Mit einer unmissverständlichen Kopfbewegung signalisierte Leddron Riona, ihm zu folgen.
Auch Nancy hatte die Anweisung vernommen und dirigierte sich selbst auf einem blutigen Pfad in Richtung ihrer Gefährten. Der Schmerz um den erlittenen Verlust war zu kaltem Abscheu geworden, Abscheu zu vernichtender Magie. Die Haare ihres geflochtenen Zopfs standen ihr zu Berge, während die Gelehrte die Elemente anrief. Unablässig webte sie komplizierte Muster in die aufgepeitschte Luft. Binnen Sekunden nahm die Magie feste Gestalt an. Objekte formten sich in der Luft. Einen Meter lang und mindestens zwei fingerbreit, bläulich-weiß schimmernd, mit schier endlos gezackten Dornen an beiden Enden, dass allein ein bloßer Blickkontakt genügte, um das bloße Auge bluten zu lassen. Es waren Speere aus massivem Eis, dampfend vor einer brutalen Kälte, wie sie nur in der Unterwelt existieren konnte. Mit der Leichtigkeit einer spitzen Nadel durchbohrten die tödlichen Geschosse das verfaulte Fleisch, als wären es Tücher. Ein losgeschossenes Projektil wurde sogleich von dem nächsten ersetzt, nicht weniger verheerend als das letzte. Nancy überbrückte die verbliebene Distanz zu Riona und Leddron mit einem weiten Satz über gleich drei zur Strecke gebrachte Auferstandene, die sie zuvor mit einem einzigen Speer gemeinsam gepfählt hatte. Eine Lache aus Schleim und Eingeweiden ließ sie straucheln, bekam dann aber noch Leddrons Schulterschutz zu fassen und fand somit ihre Balance.

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

„Nancy! Wir müssen hier raus!“ Eindringlich rüttelte Riona an der blauen Gelehrtenrobe. Sie reagierte nicht. „Nancy!“
Von jenseits der Kammer übertönte Ekkils frenetischer Kampfschrei alles bisher Dagewesene. Schwert und Streitkolben brandeten auf eine unendliche Flut fauligen Fleischs, zerstückelten das Ziel grobschlächtig entzwei oder zertrümmerten ganze Gliedmaßen zu einem undefinierbaren Brei. Der nächste Aufwärtshaken seines Streitkolbens barst den Kiefer des mit erhobener Waffe heranstürmenden Untoten. Schleim und gräuliche Fleischfetzen spritzten in alle Richtungen und sprenkelten das zu einer diabolischen Fratze verformte Gesicht des Norn. Die Wucht katapultierte den Untoten rücklings meterhoch durch die Luft, wo er irgendwie in einem Meer näher rückender Sklavenkreaturen unterging. Augenblicklich nahm ein anderer Angreifer den Platz seines Vormannes ein. Geistesgegenwärtig tauchte Ekkil unter dem rostigen Axthieb hindurch und antwortete seinerseits mit einem Schwertstich durch den Brustkorb des Angreifers. Bis zum Schaft rutschte die Klinge durch die schleimigen Eingeweide. Strauchelnd taumelte der Untote zurück, die Äxte in beiden Händen noch wild um sich rotierend, bevor er stürzte. Doch der gewaltige Ruck, mit dem der Orrianer zu Boden ging, ließ Ekkils Griff um die schleimverschmierte Klinge, die noch immer in dem Brustkorb steckte, entgleiten, sodass der Angreifer das Schwert mit sich riss. Überrascht betrachtete Ekkil seine plötzlich leere Hand, dann den Untoten, den er zwar soeben niedergestreckt hatte, der aber am Boden noch immer beiden Äxte kreisen ließ, dann das Schwert zwischen den unheilvoll umherschwingenden Klingen, dann wieder seine leere Hand. Bevor er seine Gedanken zu Ende bringen konnte, spürte er plötzlich einen gewaltigen Stoß auf der Schulter. Heißer, fauliger Gestank stieg ihm in die Nase. Die Luft blieb ihm weg. Magere Arme schlangen sich um seine Kehle, während brüchige Knie ununterbrochen auf den Rückenpanzer eintraten. Fast ausdruckslos griff Ekkil hinter sich. Mit einem gewaltigen Ruck und dem Geräusch, als ob man gerade einen morschen Baum gefällt hätte, befreite er sich von der orrianischen Bürde auf seinem Rücken und schleuderte die Last quer durch den Raum. Dem Norn blieb weder Zeit, den Verlust seines Schwertes lange zu betrauern oder über den ausgerissenen, zuckenden Arm seines Angreifers, den er jetzt anstelle seines Schwertes in Händen hielt, angewidert zu sein. Schon rückte der nächste Auferstandene nach. Neben dem Streitkolben in der linken Hand diente jetzt das zappelnde Gliedmaß in seiner Rechten als notdürftiger Dreschflegel – den er auch gleich einsetzte.
Unter den beißenden Verwesungsgestank mengte sich der scharfe Geruch von Schießpulver. Viermal, fünfmal … Jedes unheilvolle Klicken von Leddrons Abzug würzte die Luft mit einer Verderben bringenden Bleimischung. Während der tödliche Odem Leben für Leben aushauchte, besaß er gleichzeitig die Wirkung eines Weckrufes. Langsam erhob sich im Nebenraum Nancys Haupt. Die Augen verquollen und die Wangen gerötet schaute sie Riona an. Verzagend schüttelte die Gelehrte den Kopf. „Das … hat sie nicht verdient“, stammelte sie. „Nicht so … Nicht so …“ Weitere Tränen kullerten ihr dabei über das Gesicht.
Riona kämpfte mit ihrem Gewissen. Sie viel, was sie in diesem Moment sagen könnte. So viel, was sie tun könnte. Nichts aber, was Nancys Gefühlen wirklich gerecht wurde … oder Tebbys Opfer. Stattdessen stimmte sie wortkarg in Nancys Kopfschütteln ein. „Nein, hat sie nicht …“
Selbst im Nebenraum klang die letzte Explosion der abgefeuerten Pistole noch so brachial, als ob sie direkt an Rionas Schläfe saß. Beide Frauen zuckten zusammen. Es war wohl der letzte Schuss, denn plötzlich war das Schießeisen verstummt. Auch diente es Riona glücklicherweise als Ausrede: Nancy erhob sich ganz von selbst. Knie und Hände der Gelehrten zitterten, doch sie stand auf eigenen Beinen.

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

„Es geschah so schnell“, begann der Norn mit brüchiger Stimme, als er den anklagenden Blick seines Vorgesetzten auf sich spürte. „Tebby wollte den Sarg öffnen. Ich weigerte mich, Ihr zu helfen. Sagte Ihr, man solle die Toten in Frieden ruhen lassen. Sie wollte nicht hören. Meinte, ich sei ein unbrauchbarer Depp. Dann öffnete sie den Deckel. Ich habe nur kurz weggesehen … da hatte ihr dieses feige Scheusal bereits den Dolch ins Herz gerammt. Nicht einmal die Schneeleopardin hätte das kommen sehen.“
Nancy heulte laut auf. Bittere Tränen blitzten zwischen ihren Wangen und dem Kragen der gerade Verstorbenen.
„Nancy …“ Pelziger Flaum bedeckte Rionas Zunge. Kaum ein Wort vermochte sie ihren trockenen Lippen zu entlocken. Die Beine der Waldläuferin zitterten heftig, als sie neben der Trauernden niederkniete, die tauben Hände von einer dicken Eisschicht umgeben. Dennoch legte sie jene, die nicht gerade den Griff der Fackel umklammerte, der Frau mitfühlend auf die Schultern.
Dann wurde es still. Nur das Wehklagen der Gelehrten war zu hören, abgerundet von dem müden Flackern der Fackel.

Ein gedämpftes Stimmenwirrwarr riss die den Trauervorhang gewaltsam entzwei. Ächzend. Klagend. Vor allem aber: Wütend Fingernägel kratzten auf Stein wie auf einer Schiefertafel. Wände und Boden der Höhle begannen zu beben, selbst die Einkristalle in der Luft vibrierten. Vespa machte einen Satz zu der Öffnung, die zur Haupthalle führte. Dem braunen Fell schwand rapide die Farbe. Haare und Liebsche richteten sich steil zu Berge.
Mit instinktiv gezückten Dolchen in den Händen wirbelte sie herum, das Gesicht vor Angst verzerrt. „Auferstandene!“ Die Charr machte keinen Hehl mehr daraus, ihre Hysterie durch ein Flüstern zu maskieren. Dafür war es bereits zu spät.
Wie winzige Pendel schwangen die schweren Bodenplatten in dem fahlen Licht hin und her. Erste Fliesen donnerten mit gewaltigem Knall auf die Seite. Unterhalb des feinen Staubrinnsals, der von der Decke rieselte, krochen die ersten Orrianer, die körperlich Kräftigsten unter ihnen, aus ihren Gräbern. Unter Qualen rissen sich die ausgezehrten Männer und Frauen die zerfledderten Balsambandagen vom Leib. Grausame Abscheulichkeiten kamen unter den Verbänden zum Vorschein. Skelettartige Schädel, in deren weiten Augenhöhlen Magie wie kalter Hass funkelte. Gesichter, Arme und Beine besaßen mehr Ähnlichkeit mit altem Pergament als mit menschlicher Haut. Teilweise waren die Wangen und Stirnen mit unansehnlichen schwarzen oder grünen Löchern übersäht, in denen Maden sich eingenistet hatten. Unterhalb ihrer Verbände trugen die meisten Orrianer keine oder nur wenige Kleidung; brüchige Lumpen, kurz davor zu Staub zu zerfallen, oder nackte Brustkörbe, deren Knochenpartien unter der Haut weit hervorstanden, als ob man ein hauchdünnes Betttuch viel zu straff gespannt hätte. Doch einige unter ihnen waren auch in edlere Trachten gehüllt. Lange, weite Roben oder Mäntel, schmuckvoll verziert, die kräftigen Farben jedoch im Laufe der Jahrhunderte zu aschfahler Tristesse verkommen. Erlesene Armbänder, Goldketten und Perlen hielten die Illusion von Glanz und Erhabenheit beharrlich aufrecht, während das verrottete Fleisch die Realität bittere Lügen strafte. Nicht wenige die Ruhelosen trugen Waffen bei sich. Dolche, Kurzschwerter manche auch Zweihänder oder Äxte. Wahrscheinlich Habseligkeiten ihres früheren Daseins. Das Alter stand den Klingen jedoch äußerst schlecht. Rost hatte sie porös und stumpf werden lassen, was die Auferstandenen jedoch nicht von der Verwendung abhielt.
Während Leddron und Ekkil noch mit gezogenen Waffen zum Ausgang der kleinen Kammer stürmten, hatte Vespa bereits zwei Auferstandene wieder zurück in ihr feuchtes Grab befördert. Wann immer die Charr eine ruckartige Bewegung machte, verschwammen die dunklen Konturen ihrer Rüstung in einer Bresche aus Licht und Schatten. Schwarze Schemen flackerten auf, mal hier, mal dort. Das jähe Auffunkeln eines Dolches, kurzlebig wie der letzte Atemzug des ausgewählten Opfers. Die Klinge trennte Kopf von Schultern. Arme und Beine des Enthaupteten erschlafften, der restliche Körper sackte leblos zusammen. Auferstandene links und rechts heulten vor Wut laut auf und straften den rasch dahinschmelzenden schwarzen Schleier mit verzweifelten Hieben ihrer rostigen Klingen. Doch bereits am anderen Ende des Raumes schälten sich Vespas Konturen erneut aus den Schatten, die Dolche abermals auf das nächste Ziel gerichtet.

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Nancy lächelte matt. „Das falsche Wort zur falschen Zeit – schon ist es herum mit der Gemütlichkeit. Außerdem meinte Gixx – er leitet die Abtei, unser Kopf sozusagen -, dass es allmählich Zeit sei, für meinen ersten Einsatz im Feld. Hätte ich gewusst, wo mich mein Interesse für die orrianische Sprache eines Tages hinbringen würde, hätte ich lieber ein anderes Fach belegt, Zwergenrunen zum Beispiel. – Seid so gut und gebt mit bitte die Fackel, ja?“
Das purpur-weiße Feuer in der Schale reagierte sehr empfindlich, als die brennende Fackel näher rückte. Stück für Stück verdrängte das gewöhnliche Feuer das von Magie geschaffene, als ob man ein wildes Tier in die Ecke trieb. Dann plötzlich und ohne weitere Vorwarnung fuhr die zurückgedrängte Bestie Klauen und Zähne aus. Die Funken der Schale sprangen in Sekundenschnelle auf die Fackel über. Nancy keuchte vor Schreck. Als sie sich wieder fasste, war das orangefarbene Licht der Fackel erloschen – und das lauwarme, purpur-weiße brannte darauf.
Die Gelehrte musterte die Fackel atemlos. „Verschlungen. Faszinierend.“
„Und das? Habt Ihr das kommen sehen?“, fragte Riona.
„Und das? Habt Ihr das kommen sehen?“, fragte Riona.
„Um ehrlich zu sein, nein. Als Elementarmagierin habe ich schon viele Formen von Magie studiert. Die Magie der Flammen-Legion, elonische Magie … Doch noch nie war sie in ihrer Signatur so unterschiedlich wie dies hier.“
Riona runzelte die Stirn. „Signatur?“
„Ja, wusstet Ihr das nicht? Jede Form von Magie trägt eine Signatur in sich. Einen Stempel sozusagen.“
„Mesmer nutzen Illusions- und Beherrschungsmagie. Elementarmagier schöpfen aus den Elementen.“ Riona zuckte die Schultern. „Allgemein bekannt. Aber Eure Umschreibung ist mir fremd.“
„Ja, das ist richtig, aber darauf wollte ich nicht hinaus“, erwiderte sie kopfschüttelnd. „Das ursprüngliche Feuer der Fackel beispielsweise, das Ihr mitgebracht hattet. Ich konnte spüren, dass sie magisch entfacht wurde, unterschied sich aber in seiner Signatur völlig von meiner Elementarmagie, obwohl es letztendlich nur ein- und dasselbe ist, nämlich Feuer. Hätte ich diese Fackel mit meiner Magie entzündet, wäre nur rein optisch dasselbe Feuer gewesen.“
„Als ob zwei verschiedene Schmiede denselben Stahl verarbeiten. Das Ergebnis wird immer unterschiedlich sein.“
„Im Grunde richtig“, nickte Nancy. „Die Asura beschäftigen sich mit diesem Phänomen schon seit Jahrhunderten. Und auch, wenn sie es nicht gerne zugeben, so stehen sie eigentlich immer noch am Anfang ihrer Forschungen. Außerdem scheint es eine Ausnahme dieser Regel zu geben, die sämtliche bislang erzielten Ergebnisse völlig auf den Kopf stellt: In ihrer Magie scheinen die Orrianer alle dieselbe Signatur zu tragen, obwohl das eigentlich völlig unmöglich ist und allem widerspricht, was wir über Magie wissen … oder zu wissen glauben. Und das hier“, sie drehte die Fackel zu allen Seiten, „ist mir ebenfalls völlig unbegreiflich. Es ist keine mir bekannte orrianische Magie. Aber was dann? Eine Unterart? Ist es vielleicht sogar Drachenmagie? Wo fand sie ihren Ursprung. Was ist ihr Katalysator? Was ihre Anwendungsmöglichkeiten?“ Nancy seufzte. „So viele Fragen, so wenig Zeit …“
Riona beobachtete, wie die Flammen auf dem Docht der Fackel tanzten. Eine unmittelbare Gefahr schien von der ungewöhnlichen Lichtquelle nicht auszugehen. Behutsam nahm sie das unnatürlich kühle Feuer entgegen. „Wir könnten es mitn…“
Ein von Qualen durchzogener Schrei durchschnitt die Luft, erschütterte Mark und Bein und hämmerte noch in den Ohren aller, die ihn vernommen hatten, als die Stimme längst verklungen war. Riona wirbelte herum. Ihr Herz bebte so heftig, dass es schmerzte. Es war aus der Vorkammer gekommen. Genau genommen: aus der gegenüberliegenden Nische. Der Ostflügel.
„Tebby!“, schrie Nancy entsetzt. Sie rannte los; Riona ihr hinterher.
Aus tiefster Kehle stieß Ekkilll einen wütenden Schrei aus. Einen Moment später erzitterte die Erde. Etwas Großes donnerte mit geballter Wucht auf den Boden, dass noch in der großen Halle feiner Staub von der Decke rieselte. Als Riona, Nancy und wenige Sekunden später auch Leddron und Vespa die Kammer füllten, lag der Angreifer wieder leblos in dem kunstvoll dekorierten Sarg, aus dem er entstiegen war. Kopf, Schultern und der halbe Oberkörper fehlten, zerschmettert und zu Staub zermahlen von Ekkills Streitkolben, den er noch in der einen und sein Schwert in der anderen seiner zitternden Hände hielt. Die Asura lag daneben, die Robe blutgetränkt, ein Dolch im Zentrum der sich rasch ausbreitenden Lache. Tebbys Augen waren in Entsetzen weit aufgerissen, der Mund in Ungläubigkeit halb geöffnet, die Glieder schlaff. Sie war tot.
Erst noch gelähmt vor Schreck, warf sich Nancy schluchzend vor den regungslosen Körper der Asura, ihre Arme fest um den Hals ihrer verstorbenen Abtei-Kameradin verschlungen.

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Die Kammer im Westflügel besaß nur einen schwachen Bruchteil der zurückgelassenen Imposanz. In jeder Ecke des quadratischen Raumes waren schwungvolle Haltevorrichtungen aus Eisen angebracht. Auf den Schälchen darauf brannte dasselbe purpur-weiße Feuer wie im Vorraum, nur waren diese aus Kupfer, statt aus Gold. Die Luft war etwas wärmer, dafür stickiger und stank fürchterlich nach einem Gemisch, das Riona als Weihrauch und verschiedenen Nadelhölzern identifizieren konnte. Ein Großteil des Raumes wurde von vielen kniehohen Krügen in Anspruch genommen, die mit akribischer Genauigkeit neben- und untereinander positioniert waren. Riona lief ein eisiger Schauer über den Rücken, schlimmer sogar noch, als sie fast bis zum Bauchnabel durch das Eiswasser gewatet war. Es handelte sich um Begräbnisurnen.
„Nancy, wollt ihr Euch das nicht ansehen? Nancy?“
Die Gelehrte reagierte erst beim zweiten Ansprechen. „Ja, gleich“, fuhr sie zerstreut aus den Gedanken. „Dieses Feuer … So etwas habe ich noch nie gesehen.“ Die Nasenspitze der Abtei-Frau war nur noch so weit von der Schale entfernt, dass Riona glaubte, jeden Moment müssten die Augenbrauen Feuer fangen.
„Verbrennt Euch nicht!“, mahnte Riona, doch zum gleichen Zeitpunkt tauchte Nancy ihr Gesicht in die Schale. Riona entfuhr ein spitzer Schrei, den sie nur im letzten Moment mit der geöffneten Hand vor dem Mund abdämpfen konnte. Sie setzte bereits zum Spurt an, als Nancy den Kopf wieder anhob – und der Lichtbringerin gelassen zulächelte.
„Lauwarm. Versucht es ruhig.“
Erleichtert atmete Riona aus. „Dafür, dass Ihr keinerlei Erfahrung mit dieser Magie habt, geht Ihr ziemlich leichtsinnig damit um. Nicht vielleicht etwas zu leichtsinnig?“ Sie bemühte sich, nicht vorwurfsvoll zu klingen, schließlich hatte sie es mit einer erwachsenen Frau zu tun, und dann noch von der Abtei, nicht mit einem Kleinkind. Doch eine derartige Sorglosigkeit war ihr bislang nur selten untergekommen.
„Ich war mir ziemlich sicher, dass nichts passieren würde. Siebzig … nein, achtzig Prozent“, korrigierte die Gelehrte noch immer lächelnd.
Kaum erkennbar schüttelte Riona den Kopf und trat an das Licht der Schale heran. „Ihr redet wie eine Asura“, sagte sie zu Nancy gewandt.
Diese zuckte die Schultern. „Vielleicht. Ich habe die letzten Jahre fast ausschließlich mit ihnen verbracht. Sie sind gar nicht mal so schlimm, wie die Leute immer behaupten. Nur manchmal etwas mürrisch, wenn man sich beispielsweise ein Buch zu lange ausleiht.“
Interessiert, wenn auch vorsichtig näherte sich Rionas Zeigefinger der Schale, die zuvor Nancys Test bestanden hatte. Es war lauwarm, irgendwie lindernd. „Ihr wart in Rata Sum?“, fragte die Lichtbringerin. Auf einen zweiten Test ließ sie es nicht ankommen.
Nancy schüttelte den Kopf. „Oh nein, nur mein Arbeitsplatz in der Abtei ist für gewöhnlich die Bibliothek.“ Sie zwinkerte Riona zu. „Man könnte behaupten, alle Asura, die zur Abtei gehören, würden dort wohnen. Tebby zum Beispiel: Wuselt tagein tagaus in den Gängen herum wie eine großspurige Maus. Ich bin in meinem Leben eigentlich noch nie sonderlich viel rumgekommen“, überlegte die Gelehrte laut und mit abgewandtem Blick. „Geboren und aufgewachsen bin ich in den Zittergipfeln. Meine Eltern gehörten schon der Abtei an, als ich noch ganz klein war. Ich bin quasi hereingewachsen. Und Ihr?“
„Aus Shaemoor, einer kleinen Siedlung südlich von Götterfels. Meine Vorfahren allerdings waren gebürtige Ascalonier. Nach dem großen Feuer vor fast 300 Jahre zogen sie mit anderen ascalonischen Flüchtlingen über die Zittergipfel und ließen sich in Kryta nieder. Nur wenige Erbstücke aus unserer alten Heimat haben die Zeit überdauert. Mittlerweile fließt wohl auch mehr krytanisches als ascalonisches Blut in unseren Adern. Meine Schwester und ich sind diesbezüglich zwar unterschiedlicher Meinung, aber ich betrachte Shaemoor und Kryta nun als meine Heimat.“ In stiller Nostalgie an ihr Zuhause ziepte Rionas Herz sehnsüchtig auf. Bessern wollten sich ihre Gefühle auch nicht, als sie unerwartet den Geschmack von Edas frischgebackenem Apfelkuchen auf der Zunge und eine warme krytanischen Brise auf der Haut spürte. „Sie ist übrigens auch in der Abtei Durmand. Vielleicht kennt Ihr sie?“, versuchte Riona das Gespräch wieder auf andere Bahnen zu lenken, fern den Gedanken an ihre Heimat.
Erneut schüttelte Nancy den Kopf. „Höchstens flüchtig aus Vorlesungen. Ich … verkehre relativ selten mit anderen Leuten. Ich bin lieber bei meinen Büchern.“
„Ihr seid sehr weit von der Behaglichkeit einer Bücherei entfernt“, stellte Riona fest, „wie kommt das?“

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Jede der Treppenstufen beantwortete die kleinste Bewegung mit einer beständigen Echo-Symphonie. Der Kanon leichten Schuhwerks, schwerer Stiefel und krallenbewehrter Pfoten erfüllte die klirrende Luft noch mit seinen hellen Klängen, als bereits die Schatten den Eingangsbereich wieder zu ewiger Nachtruhe betteten. Riona arbeitete sich an die Spitze der Gruppe vor – die Fackel in der einen und den in Leder gewickelten Knauf ihres Einhänders in der anderen Hand. Kurz nickte sie ihren Kameraden zu, dann setzte sich die Prozession wieder in Bewegung. Die anfängliche Sorge der Fackelträgerin, die Katakomben könnten bei ihrer Ankunft metertief unter Wasser stehen, hatte sich glücklicherweise als unbegründet herausgestellt. Die Restfeuchtigkeit in Wänden, Boden und Decke schimmerte gräulich-weiß in der kalten Luft, doch noch nicht einmal die kleinste Pfütze erinnerte daran, dass das Gewölbe vor Jahren noch überflutet war. Unglücklicherweise bestätigte das nur die Theorie des Ordens der Gerüchte: Für die ruhelosen Orrianer war dieser Ort heilig. Wie schon zu Lebzeiten pilgerten sie zum stillen Gebet in die Krypta hinab, um die Seelen der Verstorbenen zu ehren. Das erklärte auch etwas so Selbstverständliches wie die Fackeln, die umsichtig an den Wänden befestigt waren. Riona war sich sicher, dass ein derartiges Sakrileg, die schändliche Entweihung ihrer heiligen Stätte, mit Sicherheit nicht lange ungesühnt bleiben würde. Instinktiv beschleunigten sich die Schritte der Waldläuferin. Besser sie fanden das, was die Abtei zu finden erhoffte, bevor ein derartiges Szenario eintraf.
Mit dem Eingangsbereich in weiter Distanz wuchs die Höhle allmählich in Höhe und Breite, bis sie direkt in weitläufige Halle mündete, die mit je einer Abzweigung in jede Himmelsrichtung wie eine Kreuzung angeordnet war. Die spröden, deformierten Felsformationen an Wänden, Decke und Boden wurden von stellenweiße mit Raufreif überzogene Ziegeln abgelöst, die in den Berg gemeißelt wurden. Spinnenweben waren verschwunden. Dunkle Brandspuren an den Mauern bezeugten den Einsatz von Elementarmagie gegen das Unkraut und Gestrüpp, welches sich über die Jahrhunderte hinweg wie Korrosion durch den Stein gefressen hatte. Stützpfeiler, noch zu Anfang klobige, brüchige Monstrositäten, waren jetzt symmetrisch angeordnet und brillierten in Goldfarben. Fackeln gab es keine mehr, dafür Goldschälchen, in denen ein unnatürliches purpur-weißes Feuer knisterte. Antike Reliefs von Männern und Frauen, so hoch wie ein Norn, quälten sich mit grimmigen Mienen in je einigen Meter Abstand aus dem Mauerwerk. Darüber prangten orrianische Schriftzeichen – wahrscheinlich die Namen der hier Bestatteten. Nur gab es keine sichtbaren Grabsteine, keine Särge. Die Toten mussten wohl eingemauert sein, vermutete Riona.
„Bei der Bärin, was könnte man hier für einen Bierrat feiern! Wenn nur nicht der Nachschub so lange brauchen würde, hier einzutreffen.“
„Seid kein Narr! Glaubt Ihr wirklich, die Orrianer würden Euch und Eure Bande von Trunkenbolden hier ein Saufgelage veranstalten lassen?“, zischte Tebby den Norn an.
„Die werden erst gar nicht eingeladen. Und sollten sie trotzdem unangemeldet erscheinen, heißen wir sie mit gewetzten Klingen willkommen“, lachte Ekkill.
„Schluss jetzt! Alle beide!“ Ausnahmslos jeder im Raum zuckte alarmiert zusammen. Die kalten Wände warfen Kriegsmeister Leddrons wütendes Echo hundertfach zurück. Das bärbeißige Gesicht des Charr gefror, während er mehr über den Verlust seiner Selbstkontrolle als über die beiden Streithähne leise zu fluchen begann. Riona und Vespa tauschten besorgt Blicke, bevor sie den Weg vor und hinter ihnen mit ihren Blicken absicherten.
„Zuhören, alle! Wir sind so weit gekommen und wir werden nicht mit leeren Händen zurückkehren. Aber zurückkehren werden wir, verstanden?“ Leddron zuzuhören, wie er mit gedämpfter Stimme sprach, war mehr wie ein Knurren einzuordnen als ein Flüstern. Aber es war ihm ernst. Ernster als je zuvor. „Riona, Ihr und Nancy untersucht den Westflügel. Ekkill und Tebby übernehmen den Ostflügel. Dreht jeden Stein um, wenn nötig, und nehmt alles mit, was auch nur Spuren von Magie aufzeigt. Nachtpirsch, Ihr sichert unseren Rückweg, während ich den gegenüberliegenden Korridor …“ Leddron geriet ins Stocken, als er feststellte, dass die kleine Asura bereits auf eigener Faust zum Ostflügel unterwegs war. Wie er es dabei noch schaffte, seine Wut weiterhin zu einem leisen Knurren zu dämpfen, war Riona ein Rätsel. „Bei der Klaue des Kahn-Ur! Recke, ihr nach! Und ihr anderen, Abmarsch!“
Es fiel Riona schwer, in Anbetracht von Tebbys ungeheurer Forschheit ein verstohlenes Grinsen zu leugnen. Die Asura mit ihrem watschelnden Gang bog bereits um die Ecke, als der Norn noch auf halbem Weg zu ihr war. Nancy tauchte an Rionas Seite auf. Die Abtei-Gelehrte teilte das Lächeln der Lichtbringerin, wenn auch etwas gequält. Vespa winkte ihrer Gefährtin vom Orden zu, dann verschmolz sie mit den Schatten.

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Rionas Nacken hatte sich zu einem steif gefrorenen See verkrampft, während ihr besorgniserregter Blick von Stein zu Stein wanderte, die wie rasiermesserscharfe Zähne auf sie wirkten. Das gleichmäßige Pling Pling des Regens auf den Stahlrüstungen der Wachsamen gab den viel zu schnellen Takt ihrer Schritte vor, denn das lose, unförmige Geröll, das den holprigen Pfad säumte, ließ sie langsamer als erwartet vorankommen. Nur Vespas katzenartigen Reflexen und einem beherzten Griff an Nancys Kragen war es zu verdanken, dass die Gelehrte nicht bereits zum zweiten Mal – laut schreiend – eine unfreiwillige Begegnung mit dem harten Erdboden gemacht hatte. Riona wusste nicht, was schlimmer war: Nancy erneut dabei beobachten zu müssen, wie sie nur Sekundenbruchteile davon entfernt war, schreiend und Arm rudernd über den nächsten Stein zu fallen, oder Ekkills von Minute zu Minute lauter werdender Protest, seine Klinge wüsste schon gar nicht mehr, wann sie zuletzt einen Lebensfaden durchtrennt hätte, oder Tebbys ellenlange, einschläfernde Exkursion über die Viskosität von Krait-Öl zuhören zu müssen. Auch Kriegsmeister Leddrons Stimmung nahm ähnliche Bahnen wie das Wetter an. In einem Ausbruch roher Ehrlichkeit spuckte der Charr auf den Boden und knurrte, dass es vielleicht doch keine schlechte Idee gewesen wäre, mit wehenden Bannern auf den Tempel zuzumarschieren. Wenn sie dann fallen würden, dann zumindest ehrenvoll im Kampf, und nicht langsam dahinraffend durch ein Geschwür im Ohr.
Das Gelände wurde schwieriger. Hohe Felswände zu Ihrer Rechten machten es den Gefährten unmöglich, eine mögliche Gefahr frühzeitig zu erkennen. Links und rechts nur nackter Stein, und sie in der Schlucht gefangen ohne Deckung oder Fluchtmöglichkeit. Eine günstige Position für einen Hinterhalt von oben, wie Tebby richtig bemerkte. Leddron erstickte aufkommende Proteste im Keim. Weder würden sie umkehren, um einen anderen Weg zu suchen, noch das Hindernis umgehen. Deutlich mehr Überredungskunst verlangte es, als Leddron bis zu den Knien im eisigen Morast versank. Der Schutz von Rionas Stiefel und Brünne versagte angesichts dieser Übermacht der Natur. Als die Brühe Hüfthöhe erreichte, gab es keine Pore in ihrem Körper, die nicht vor unerträglichen Schmerzen bitterlich schrie. Und in Tebbys Fall … ihr reichte der Pfuhl wahrscheinlich bis zum Kinn. Erst aber auf halbem Weg durch den Pfuhl stellte man fest, dass die Asura noch nicht einmal einen kleinen Zeh in das Eiswasser gesetzt hatte. Kategorisch ablehnend wartete die Gelehrte, bis der Kriegsmeister seinem Recken – nach unerträglich langer Diskussion, die erst nach Androhung von lebenslangem Latrinenputzen endete – befehligte, umzukehren und die Sturheit der Asura damit zu belohnen, sie über den Sumpf zu tragen.
„Jetzt lässt der Regen nach. Jetzt!“ Vor Wut fauchend wandte Leddron seinen Blick dem Himmel zu. Blanker Hohn, wie die grauen Wolken ihm hässliche Grimassen schnitten und langsam weiterzogen. Die bunt zusammengewürfelte Prozession hatte ihr Ziel erreicht. Müde, schmutzig und demoralisiert. Dafür unbemerkt. Es war die erste und einzige Öffnung im Berg, die sie gefunden hatten. Dennoch waren Menschen, Charr, der Norn und die Asura zum ersten Mal der gleichen Meinung: Hier und nur hier musste es sein. Der Atem des Berges war so klirrend kalt, dass er an der Oberfläche sichtbare Formen annahm wie Qualm, der aus den Nüstern eines feuerspeienden Lindwurms quoll. Jemand hatte eine Fackel in der Eingangsnähe angebracht, deren Licht unheimliche Schatten auf die kahlen Höhlenwände warf. Die in den Stein gemeißelten Treppenstufen und die hohen Säulen bildeten einen surrealen Übergang zu der melancholischen Einöde der Oberwelt, zu den schroffen, kalten Mauern und dem penetranten Gestank von vermoderten Leichen, bei dem sich selbst das Fell beider Charr wild sträubte. Es war eine Totengruft.
So gut sie es konnte, verwischte Riona die verräterischen Fußabdrücke hinter ihnen. Die Waldläuferin kostete den Vorwand bis auf die letzte Sekunde aus, um ihre Lungen mit der deutlich erträglicheren Luft zu füllen. Erst, als sie es nicht mehr länger hinauszögern konnte, befreite Riona eine Fackel aus ihrer Halterung und tauchte als Schlusslicht der Gruppe in das Zwielicht der Krypta ein.

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Leddrons verheerendes Machtwort hatte die Durchschlagskraft eines entladenen Vierpfünders. Der Rest von Nancys gesammelten Werken landete mit einem gewaltigen Klatschen auf dem Boden. Tebby, die den Mund gerade noch geöffnet hatte, blieb das Gedachte im Halse stecken. Ekkills pflichtvergessener Kopf tauchte kurz hinter einem Steinbogen nahe dem Höhleneingang auf, neugierig den Grund des erfrischenden Tumults zu erfahren. Ein einziger vernichtender Blick seines vorgesetzten Offiziers reichte auf, den Recken wieder zurück auf dessen Posten zu befehligen. Unheilvoll blähten sich die Nasenlöcher des Charr mit jedem seiner ungehaltenen Atemzügen. Teile seiner in Wut gesträubten Mähne glättete er ungewollt, als er sich mit einer grobschlächtigen Bewegung den Speichel vom Mundwinkel wusch. „Wenn die Herrschaften dann endlich wieder bei Kräften sind“, Leddron sah in furchtbar affektierter Manier die Abtei-Fraktion an, „und das Kätzchen seine Krallen wieder eingezogen hat“, diesmal galt sein Blick Riona stellvertretend für deren entschwundene Partnerin, „könnten wir uns dann endlich wieder unserer Mission widmen.“ Ein Widerspruch blieb von beiden Seiten aus. Bestätigt nickte der Expeditionsleiter knapp. „In zehn Minuten brechen wir auf. Der Papierkrieg hat bis dahin verschwunden zu sein, Nancy, und Eure Partnerin abmarschbereit zu sein, Riona! Weggetreten!“

Feiner Sprühregen setzte allmählich ein, als der Expeditionstrupp die Bergkette im Süden erreichte. Mit wachsender Distanz zu ihrer schützenden Zuflucht holte dasselbe unangenehme Gefühl die ungleichen Gefährten wieder ein, das sie auch bereits auf dem langen Hinweg heimgesucht hatte: Die beunruhigende Einbildung, aus freien Stücken tiefer und tiefer in das weit geöffnete Maul einer hungrigen Bestie hinunterzuklettern. Im trügerischen Schutze des düsteren Mantels, den der gewaltige Gebirgszug in inniger Umarmung über die Wanderer gelegt hatte, stank die Luft etwas weniger penetrant nach fauligen Pflanzen und verwestem Fleisch. Dafür fühlte sich die vom Regen durchtränkte Luft spürbar kälter an.
Der jahrhundertlange Wechsel von Ebbe und Flut hatte tiefe Narben in dem Felsmassiv hinterlassen. Zersetzt vom scharfen Salzwasser klafften tiefe Risse wie Falten in dem greisenhaften Felsgesicht. Mit zunehmender Höhe häuften sich überlappende Gesteinsschichten, einem gewaltigen Überbiss ähnlich, die meterweit aus dem Felsen hervorstanden. Es lag nahe, dass diese Formationen die ungefähre Höhe markierte, wo der Gebirgszug noch vor wenigen Jahren knapp aus dem Ozean hinausragte und somit Zielscheibe zerberstender Wellen geworden war. Ab diesem Punkt lösten auch die Schattierungen von kräftigeren Grautönen das schleimige Algengrün stufenweise ab, bis nichts mehr darauf schließen mochte, dass der Ozean die Ländermassen Orrs einst verschluckt hatte.

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Riona konnte nicht anders als den Schneid ihrer Partnerin zu bewundern. Vielleicht bekleidete die vorlaute Agentin nicht gerade den höchsten Rang beim Orden der Gerüchte doch auch nur, da sie – allen Verdiensten zum Trotz – ihre Ernennung zu einer Lichtbringerin abgelehnt hatte. Dieses ranghohe Amt des Ordens hielten nur wenige Mitglieder inne, unter anderem Riona. Doch mit den vielen Privilegien dieses Ranges folgten neben großer Verantwortung auch andere Aufgaben. Unangenehme Aufgaben. „Schreibtischarbeit“, wie es Vespa gerne betitelte. Und darauf könne sie gut und gerne verzichten. So blieb die Meisterdiebin weiterhin eine schlichte Agentin des Ordens – zumindest formell auf dem Papier, und leider auch aus der Sichtweise der Wachsamen mit ihrer kompromisslosen Vorstellung einer klar strukturierten, straffen Befehlskette.
Mit außergewöhnlicher Gleichgültigkeit wandte sich Kriegsmeister Leddron wieder der Späherin zu und forderte ihren Bericht an.
„Die Informationen der Abtei sind tadellos. Hinter einem Feld, etwa eine Meile südwestlich von hier, konnte ich auf den Klippen deutlich Säulen und die Spitze einer gewaltigen Statue ausmachen. Zweifelsohne handelt es sich um die Ruinen des alten Balthasar-Schreins. Der Eingang zu den Katakomben muss irgendwo darunter ruhen.“
„Aus dieser Entfernung? Und bei dieser Witterung?“ Argwöhnisch runzelte Leddron die Stirn. „Seid Ihr Euch absolut sicher?“
Riona verhärtete Gesichtsausdruck wie Schultern gleichermaßen. „Bei allem nötigen Respekt, Kriegsmeister: Ich erkenne das Abbild Balthasars, wenn ich es sehe. Auch aus Distanz.“
Der Charr hob eine Augenbraue, wirkte aber dennoch weiter unbeeindruckt. „Feindliche Aktivitäten?“
„Keine Patrouillen. Ein einziger Auferstandener auf dem Feld. Er wird uns keine Probleme mehr bereiten. Keine Zeugen“, ergänzte sie.
Nachdenklich kratzte sich Leddron am Kinn. „Und oben auf den Klippen? Am Schrein?“
Riona zögerte leicht. „Ich vermochte nichts zu erkennen, aber die Wahrscheinlichkeit ist groß. Bei allem, was wir von den Auferstandenen wissen, könnten Tempelpriester und Akolythen den Altar bewachen, so wie sie es schon vor Jahrhunderten taten. Ich schlage vor, wir nutzen den Schatten des Gebirges südlich des Feldes als Deckung. Es wäre nur ein geringfügiger Umweg und die Gebirgskette führt auf direktem Wege zum Fuße des Tempels. Zwangsläufig sollten wir irgendwann auf den Eingang zu den Katakomben stoßen. Die Alternative …“
„Ich kenne die Alternative!“, unterbrach Leddron die Späherin unwirsch. Einen Moment lang überlegte er, dann verscheuchte er knurrend den winzigen Gedanken eines Zweifels, der das grimmige Gesicht kurzzeitig getrübt hatte. „Nancy! Tebby!“ Er bellte die Namen der beiden Durmand-Gelehrten mit solch brachialer Gewalt durch den Raum, dass Nancys Federkiel, den sie gerade auf einem Dokument hatte ansetzen wollen, im hohen Bogen durch die Höhle flog. Kreidebleich und mit einem halben Papierkrieg unter dem Arm stolperte Nancy der Asura Tebby hinterher.
„Ich habe alles mitgehört, Kriegsmeister, und ich teile die Meinung der Lichtbringerin: Auf offenem Feld wären wir ein prädestiniertes Kanonenfutter. Wobei ich doch stark daran zweifle, dass die Orrianer ihre sakrosankten Tempel mit rudimentärem Kroppzeug entweihen würden. Da ist sicherlich mächtige Magie am Werk. Aber warum ein Risiko eingehen?“
Tebby machte dem Rest ihres zum gleichen Teil wissbegierigen wie schlagfertigen Volkes alle Ehre. Was die Asura nicht an Körpergröße wettmachten, kompensierten sie mit ihrem phänomenalem Verständnis und Auffassungsgabe. Dummerweise besaßen sie aber auch nicht selten – und ohne dies bewusst wahrzunehmen – ungefähr das gleiche Taktgefühl wie ein Haufen betrunkener Norn kurz vor einer Kneipenschlägerei. Zum ersten Mal wirkte Kriegsmeister Leddron tatsächlich so, als hatte man ihm den Wind aus den Segeln genommen. Zumindest für einen Augenblick.
„Ich hatte Euch nicht um Eure Meinung gebeten, Gelehrte!“
„Sondern?“
„Ruhe!“

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Eine schlichte, von fauligen Wasserpflanzen befallene Höhle diente als provisorischer Unterschlupf des Expeditionsteams. Gefundene Knochenreste und Kratzspuren an den Wänden deuteten darauf hin, dass hier einst wilde Tiere gehaust hatten, vielleicht Bären oder Wölfe. Anzeichen von einer kürzlichen Auferstandenen-Präsenz hatte es nicht gegeben; Grund genug, hier ein Lager aufzuschlagen. Wasser sickerte an manchen Stellen durch die poröse Decke. Jahrtausende in Wind und Wetter hatten das kalkhaltige Gestein undicht werden lassen. Dementsprechend feucht war es in der überschaubaren, spärlich beleuchteten Höhle. Noch vor dem Einzug hatte es Unstimmigkeiten zwischen den in ihren Denkweisen völlig unterschiedlichen Mitgliedern der Exploration gegeben, allen voran die Wachsamen. Ein Unterschlupf mit nur einem gemeinsamen Ein- und Ausgang? Eine Todesfalle! Was, wenn sie plötzlich in einen Hinterhalt gerieten? Wohin sollten sie ausweichen, wenn Gegnerscharen den einzigen Fluchtweg blockierten? Berechtigte Argumente. Doch auf die Frage, wo sie in der Schnelle einen besseren Unterschlupf ausfindig machen könnten, wussten auch die mürrischen Krieger keine Antwort. Außerdem hatten sich die beiden Gelehrten der Abtei Durmand nach Fund der Höhle geweigert, ohne Rast auch nur einen Schritt weiterzugehen. Die Agentinnen vom Orden der Gerüchte hingegen sahen wenig Grund zur Besorgnis. Die Tarnung, die ihnen dieser Ort bot, war ihrer Meinung nach die beste Verteidigung.
Recke Ekkill schob am Höhleneingang Wachdienst. Als noch rangjunger Wachsamer unterstand er dem direkten Befehl Kriegsmeister Leddrons, dem Leiter der Expedition. Ekkill hatte sich über die Art der Reise nur mäßig begeistert gezeigt. In der Illusion, seine Legende unter Abertausenden von Untoten, die seiner Klinge bei dieser Reise anheimfallen würden, formen zu können, hatte sich der Norn als Erstes freiwillig für dieses waghalsige Unterfangen gemeldet. Als er endlich die wahre Natur dieser Mission verstanden hatte, waren sie bereits auf halbem Weg zu den Zho’qafa-Katakomben, wo die Abtei Durmand mächtige Artefakte im Kampf gegen die Alt-Drachen vermutete. Das bislang Einzige, was Ekkills Stahl auf dieser Reise gekostet hatte, war eine stachelige, bauchnabelhohe Annemone am Höhleneingang, die der gelangweilte Norn mittlerweile in mundgerechte Stücke zerhackt hatte.
So weit es ihm möglich gewesen war, hatte sich Kriegsmeister Leddron in dem winzigen Unterschlupf von den zwei Abtei-Frauen und deren unverständlichem Gewäsch isoliert. Wie alle auf den Kampf Mann gegen Mann ausgebildeten Krieger bei den Wachsamen trug auch der ranghohe Charr eine schwere, anthrazitfarbene Plattenpanzerrüstung, geschmiedet in den höchst eigenen Brennöfen und für die Bedürfnisse jedes einzelnen Soldaten speziell angepasst. Noch nicht einmal eine einzige Komponente dieses wuchtigen Monstrums hatte Leddron während der Wartezeit von seinem Körper abgelegt, als befürchtete er, jeden Moment in voller Montur ausrücken zu müssen. Passend dazu hatte er die die unfreiwillige Geduldsprobe genutzt, seine Klinge auf Hochglanz zu polieren – zweimal. Leddron, dem man nachsagte, nichts und niemand könnte seinem kriegsgegerbten Gesicht je auch nur ein winziges Lächeln abringen, war weiter denn je von Entspanntheit entfernt. Auch Rionas und Vespas Rückkehr trug nicht im Entferntesten dazu bei, die nasskalte Tristesse, an der alle Anwesenden in der Höhle krankten, zu erhellen. Als die Späherin vor dem Expeditionsführer salutierte, hatten die Stiefel des monströsen Charr in ihrer Ungeduld bereits ein ziegelsteingroßes Loch in den weichen Untergrund gebohrt.
„Pünktlichkeit scheint euch fremd, oder warum habt Ihr euch so viel Zeit gelassen?“, tadelte Leddron die Ankömmlinge schroff. Sein grobschlächtiger Blick wanderte von Riona zu Vespa, wo er eine ganze Weile zum Stillstand kam. Je mehr schmutzige Details der Wachsame beim Taxieren der Charr-Diebin aufdeckte, desto angriffslustiger schien das hinter den Lefzen versteckte Zähnefletschen zu werden. „Ihr wart bei der Asche-Legion, nicht? Ist das die Art, wie man dort einen vorgesetzten Offizier empfängt?“ Seine Stimme wurde tiefer und nahm mehr und mehr die Form eines drohenden Unwetters an. „Eins könnt Ihr mir glauben: Wären wir in Ascalon und ich Euer befehlshabender Offizier – ich würde Euch auf der Stelle Euer räudiges Fell über die Ohren ziehen und es als Dreschflegel benutzen. Geht mir aus den Augen!“
„Glücklicherweise sind wir weder in Ascalon noch seid Ihr hier auch nur ansatzweise in der Position, mir etwas zu befehlen. Dennoch darf ich mich verabschieden. Mir wird die Luft hier doch etwas zu dick.“ Eine spöttische Verbeugung, ein Augenzwinkern – mehr brauchte die Charr-Diebin nicht, um sich ohne weitere Vorwarnung in Luft aufzulösen.

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Zurück in Ascalon, ihrer Heimat, hatte Vespa Nachtpirsch in der Asche-Legion gedient. In jeder anderen Einheit hätte man die Vorsicht und Geduld der leichtfüßigen Charr mit Feigheit gleichgesetzt, sie in der unerträglichen Mittagssonne angepflockt und den Krähen überlassen. Nicht aber in der Asche-Legion, wo man die Schläue und List der Diebin so sehr zu schätzen wusste wie einen scharfen Dolch. Schnell, lautlos, tödlich – alles Eigenschaften, die ihr schließlich den Weg zu einem ranghohen Offiziers in dieser Einheit von Assassinen und Spionen geebnet hatten. Auf besondere Empfehlung des Asche-Tribuns hatte es Vespa vor zwei Jahren zum Orden der Gerüchte verschlagen, eine von drei großen Vereinigungen der freien Völker Tyrias im Kampf gegen die Unterdrückung durch die Alt-Drachen.
„Vielleicht hättet Ihr leichteres Spiel, wenn Ihr vorher nicht baden gegangen wärt. Seid Ihr hierher geschwommen?“ Kritisch musterte Riona die wenig schmeichelhaften Schlammflecken auf dem schwarzen Leder.
Die Charr kreuzte beleidigt die oberschenkelgroßen Arme. „Pff! Da passt man einmal nicht auf, wo man hintritt, und schon ist man seines rechtlichen Lebens gebrandmarkt.“
„Mit besserem Schuhwerk wäre Euch das vielleicht nicht passiert … oder mit überhaupt etwas an den Füßen.“
Vespa starrte für einen Moment ihre krummen Beine hinab. Ganze Schlammlawinen klebten zwischen ihren Krallen. Die Pfoten waren so voll von dem grauen Brei, dass sie wie in Asphalt einzementiert aussahen. Teils vorwurfsvoll, teils ungläubig öffnete sie den Mund. „Stiefel? Nein“, lachte sie. „Nicht diese Charr. Und nicht in diesem Leben. Ihr wisst gar nicht, was das für ein Gefühl ist, knöcheltief durch den Morast zu waten.“ Die Charr schüttelte sich leidenschaftlich. „Herrlich.“ Sie bezog an Rionas Seite Position. „Was macht unser Freund?“
Unten auf seiner Ackerscholle rieb sich der Bauer den nicht existierenden Schweiß von der Stirn. Nach nur kurzer Pause hielt er strauchelnd und mit geschulterter Hacke auf die nächste Furche zu. Das Werkzeug riss eine Breche in den Nebelvorhang. Schlamm spritzte aus dem lehmigen Boden auf Kleidung und Gesicht des Bauern. Es war ein Wahn, eine Manie, wie der Untote die Halsstarrigkeit seines unwirtlichen Grund und Bodens mit schweren Hieben bestrafte. Ein sich tagein tagaus wiederholender Kampf gegen ein Monster, dessen abgehackte Gliedmaßen wucherten wie Unkraut. Nur dass noch nicht einmal die widerspenstigsten und hartgesottensten Diesteln in dieses verdorbene Erdreich ihre Wurzeln schlagen würden.
Vespa kratzte sich nachdenklich am Kinn. „Sie ähneln den Geistern in Ascalon. Ruhelose Gefangene der Zeit, ihrem Herrn treu bis über den Tod hinaus. Ein grausiges Schicksal … Drachenmagie scheint in ihrer Wirkung jedoch anders zu sein. Sie verdirbt Körper und Seele. Die Geister in Ascalon sind einfach nur Abbilder. Echos der Vergangenheit. Ihre Gebeine sind längst zu staub zerfallen, die Seelen verflucht auf ewig.“
„Darum könnt ihr sie nicht töten.“
Vespa nickte Riona grimmig zu. „Noch nicht. Wäre es möglich: Wir hätten es vor Jahrhunderten schon getan.“
Eine Minute des Schweigens brach zwischen den beiden Ordensfrauen an. Als sich Vespa an dem Bild der schuftenden Sklavenkreatur sattgesehen hatte, wandte sie sich direkt Riona zu. „Ich bringe Nachricht von Kriegsmeister Leddron: Ihr sollt zurückkehren. Er ist die Warterei leid.“
Riona rümpfte abfällig die Nase. „Ehrlich gesagt hatte ich schon viel früher damit gerechnet; ungefähr fünf Minuten, nachdem ich überhaupt aufgebrochen war. Fast schon ein Wunder, dass er überhaupt mit meiner Exkursion einverstanden war.“
Die Lefzen der Charr kräuselten sich zu einem verschmitzten Lächeln. „Eigentlich hatte er Euch bereits vor einer Stunde rufen lassen. Aber ich habe mir Zeit gelassen. Viel Zeit.“
Auch Riona schmunzelte. „Das wird dem Guten aber bestimmt gar nicht gefallen.“ Die Waldläuferin entfernte sich ein Stück von dem unbequemen Felsbrocken, der ihr in der Not als Sitzmöglichkeit gedient hatte. Als sie gähnend die steif gefrorenen Arme von sich wegstreckte, begann das Blut die steifen Gliedmaßen allmählich wieder aufzutauen. Es fühlte sich gut an.
„Was machen wir mit ihm?“ Vespa machte eine demonstrative Kopfbewegung in das Tal hinab. „Können wir ihn umgehen?“
Rionas Züge verfinsterten sich in Sekundenschnelle. Als die Waldläuferin ihren Bogen vom Rücken zog und Stellung am Klippenrand bezog, wusste Vespa bereits die Antwort. „Ich fürchte nein.“ Sie spannte einen Pfeil und richtete die Waffe auf ihr Ziel. „Schenken wir der armen Seele Frieden.“

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Die Furchen im Boden waren zu regelmäßig und sauber angeordnet, als dass sie eine Laune der Natur hätten sein können. Nachdem Riona die Kreatur, die nur aus der Entfernung menschlich zu sein schien, inmitten dieser Gräben eine Weile beobachtet hatte, war sie sich ziemlich sicher, dass das Wesen einst Teil einer Familie von einfachem Geblüt gewesen sein musste, die hier ihre Feldfrüchte angebaut hatte. Wer war diese leere Hülle zu Lebzeiten? Ein bescheidener Bauer? Ein reicher Gutshofbesitzer? Welchem der Sechs hatte er seine Treue geschworen? Hatte er Familie besessen? Kinder? Wer er auch war – dieser Tage war er nur noch ein Schatten seiner selbst. Bis auf wenige schüttere Strähnen war er kahlköpfig. Die Wangenknochen traten weit aus dem verfaulten, skelettartigen Gesicht hervor. Die einst von der Sonne gestählte Haut war aschfahl wie schmutziges Wasser und hing, alten Laken ähnlich, von den Knochen. Die Zeit – oder vielleicht auch jemand – hatte das vergilbte, ärmellose Hemd über der Brust windschief zerrissen, sodass ein Teil seines nackten, ausgemergelten Brustkorbes dahinter hervorschaute – womöglich Spuren eines Kampfes. Die kurze, graue Hose besaß viele Taschen, wahrscheinlich diente sie einst speziell zur Aufbewahrung unterschiedlichen Saatguts. Allem Anschein nach kümmerte es den Bauern nicht, dass ihm sein linker Schuh abhandengekommen war und sich der Schlick allmählich mehr und mehr seines nackten, knochigen Beines einverleibte. Auch nicht, dass das Ackerland, welches er wie besessen mit einer rostigen Hacke zu kultivieren versuchte, zu einem kargen, verdorbenen Ödland verkommen war; fast so, als besaß er gar keine Kenntnis darüber, welch grausiges Schicksal ihn und jeden einzelnen Bewohner des Königreichs von Orr heimgesucht hatte.
Kaum erkennbar neigte Riona plötzlich ihren Kopf etwas zur Seite. Kurz sinnierte sie, dann öffnete die Waldläuferin den Mund. Nicht um die Kehle mit nasskalter Luft zu befeuchten, sondern um ihr Schweigen zu brechen. „Was gibt es, Vespa?“
Der Klang der eigenen, zu einem gedämpften Flüstern gesenkten Stimme klang merkwürdig fremd. Ein unangenehmes Gefühl, sich selbst so zu hören, wie sich Riona eingestehen musste. Noch merkwürdiger aber war, dass tatsächlich jemand antwortete.
„Baelfeuer soll mich holen! Das wievielte Mal …? Wie stellt Ihr das bloß an?“
Aus einer Bresche von Licht und Schatten schälten sich in Sekundenschnelle die Konturen von etwas Großem. Riona entgegnete dem Schauspiel beinahe mit Gleichgültigkeit, fast so, als wäre es das Banalste der Welt, dass eine breitschultrige, katzenhafte Bestie plötzlich aus dem Nichts erschienen war. Das krummbeinige, löwengesichtige Geschöpf mit den klauenbewehrten Füßen überragte Riona um einen halben Meter. Von Kopf bis zu der Liebschespitze bedeckte rostbraunes Fell, das stellenweise von unförmigen schwarzen Flecken unterbrochen wurde, den stämmigen und doch irgendwie erstaunlich grazilen Körper; das Meiste davon verbarg sich unter einer eng ansitzenden, pechschwarzen (und im heutigen Fall schlammbeschmierten) Lederrüstung. Je zwei langgezogene Ohrenpaare ragten seitlich aus dem Kopf des Monsters, von denen ein Paar abgewinkelt in Richtung Tal ausgerichtet war. Wie jeder ihrer Art besaß auch dieses Exemplar vier Hörner: ein sehr kurzes Paar links und rechts zwischen den Ohren und zwei lange auf dem Kopf, die hinterrücks zu den breiten Schulterblättern ragten.
„Einen Charr rieche ich aus einer halben Meile Distanz“, Riona tippte auf ihre Nasenspitze, „und einen nassen sogar noch aus weiterer.“
Die Lefzen zu einem mörderischen Lächeln zurückgezogen, entblößte Vespa einen Satz scharfer Reißzähne, die so blank waren wie ihre schlitzförmigen Augen. „Seid Ihr sicher, dass unter diesen Hautfetzen nicht doch ein wenig Fell wächst? Bei der Asche-Legion hättet Ihr euch längst zum Zenturio gemausert.“ Die Charr lachte. Ob nun wegen der bloßen Vorstellung, wie zwischen ganzen Ansammlungen von Fell, Muskeln und Krallen eine zierliche Menschenfrau, kaum größer als ein Welpe, verbissen um die Gunst ihres Ausbilders buhlte, oder aber wegen des kleinen Maus-Seitenhiebes – in den Charr-Legionen eine nicht ganz adrette Umschreibung für einen Menschen. Eine Erklärung blieb sie ihrer Partnerin schuldig.

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[Kurzgeschichte]: Winde des Zerfalls

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

(Anmerkung des Autors: Die Kurzgeschichte umfasst 10.500 Wörter. Dummerweise unterliegt das Forum einschließlich dieses Bereiches einer Post-Begrenzung von 5.000 Zeichen. Daher musste die Geschichte gestückelt gepostet werden, dadurch leider auch schlechte Absätze/Übergange. Schöner zu lesen hier: http://www.wartower.de/forum/showthread.php?1135590-Guild-Wars-2-Winde-des-Zerfalls)

Von den klammen Felsen und den versteinerten Seeanemonen hallte der Trauerchor einer verblassten Epoche wider. Melancholisch zurückblickend auf eine Dynastie von Reichtum und Wohlstand fächerte der Lufthauch durch die spindeldürren, turmhohen Korallenformationen, die wie knochige Hände aus dem Boden ragten und den Himmel zu fassen versuchten. Wo schlammige Salzwasserpfuhle die graue, vernarbte Erde unterbrachen, schwang die Wasseroberfläche träge im Rhythmus des klagenden Gesangs. Hinter einem Acker unerbittlicher, schroffer Felsen nahm das leise Säuseln allmählich Formen einer unangenehm steifen Küstenbrise an. In ihrer Trauer so mächtig, vermochte die Arie ganze Meere und Ozeane zu überqueren und an den weit entfernten Gestaden gleichermaßen Abenteurer wie auch Todesmutige zu den verderbten Ufern dieses von den Göttern verlassenen Landes zu locken. Das Land mit Namen Orr.

Riona Murtor hatte ihren Herzschlag der Atmung angepasst. Von dem stark reduzierten Augenlidschlag abgesehen rührte sich kaum ein weiterer Muskel. Längst hatte das Zeitgefühl die junge Waldläuferin mit dem kastanienbraunen, schulterlangen Haar verlassen. Nur wenige Minuten konnten verstrichen sein, seit sie von ihrem Stoßtrupp getrennt war, vielleicht aber sogar ganze Stunden. So weit hinter feindlichen Linien aber war Zeit bereits völlig bedeutungslos, und das wusste sie. Ebenso war sie gewiss, welche Aufgabe ihr zugetragen worden war. Sie war die Kundschafterin einer sechsköpfigen Expedition. Von ihrem Geschick, ihrem taktischen Verständnis und ihrer Geduld konnte der Erfolg, sogar das Überleben der Gruppe abhängen. Bislang hatte sie der Einheit, welcher sie angehörte, gute Dienste erwiesen, mögliche Gefahren frühzeitig registriert und Hinterhalte vermieden. Und die Göttin Melandru selbst war ihre Zeugin: So kurz vor dem Ziel zu scheitern war keine Option.
Von dem Buckel eines knapp einhundert Fuß hohen Felsmassivs spähte Riona in das Tal hinab. Die vielen übereinander liegenden, teils von einer schleimig grünen Algenschicht bedeckten Gesteinsplatten erinnerten vage an Treppenstufen und hatten den noch zu Anfang schwerfälligen Aufstieg zunehmend erleichtert. Jetzt, hoch oben, boten sie die notwendige Deckung, um in Orr zu überleben. Vielleicht sogar lange genug, um dieses verfluchte Land in einem Stück wieder zu verlassen. Erneut fegte eine besonders hartnäckige Windböe über das Versteck der Späherin hinweg. Einem Raubvogel gleich schien der Wind den Gipfel zu umkreisen, erpicht auf die nächste Gelegenheit eines Sturzfluges wartend, um dann die eisigen Klauen erneut nach der unbekannten Fremden auszustrecken. Doch bereits der letzte Angriff hatte seine Spuren hinterlassen. Rionas in Anspannung verhärtetes Gesicht bröckelte, die kurzen Nackenhaare kräuselten sich in Empörung. Sie fror. Wo zuvor Schlamm und Wasser in Unachtsamkeit ihre mahagonifarbene Brünne berührt hatten, schien sich die die Nässe zunehmend in einen eisigen Dolch zu verwandeln. Teile ihrer leichten Lederrüstung waren bereits so stark durchtränkt, dass die Feuchtigkeit die darunter liegende Haut malträtierte. Ein wärmendes Feuer zu entfachen, konnte sie jedoch unmöglich riskieren. Allein der Gedanke war töricht. Ebenso gut konnte sie versuchen, einen Karren auf Hochglanz polierter Silberlinge durch einen Skritt-Tunnel zu bugsieren – da standen die Chancen wahrscheinlich sogar noch günstiger. Je tiefer Riona in diese alberne Phantasie eintauchte, desto mehr lockerte sich ihr angespanntes Gesicht. Der bloße Gedanke hatte etwas Wärmendes, etwas Linderndes. Für einen Wimpernschlag der Zeit vermochte sie sogar ihre Situation zu vergessen und die kalte Realität um sie herum auszusperren.
Die Illusion war nur von kurzer Dauer. Schneller als es ihr eigentlich lieb war, besann sich Riona wieder ihrer Mission. Während der Blick wieder in das Tal hinab wanderte, legte sich der kalte Mantel wieder schonungslos über ihre Schultern. Die Seele krankte an Einsamkeit. Orr hatte sie wieder.

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

[05.04.2015] Film- und Serienmusikcontest

in Ingame-Events

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Kleine Erinnerung: Heute Abend um 20:00 Uhr gehts los.

[05.04.2015] Film- und Serienmusikcontest

in Ingame-Events

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Das ist ein kleines Event, das ich gildenintern schon einige Male abgehalten habe und für diesen Sonntag mal auch auswärts unter die Leute bringen möchte.

Um was gehts: Um Musikerraten. Musik aus Film und Fernsehen, um genau zu sein. Das können Serienintros sein, Musik von Oscar premierten Filme, Outros und andere bekannte Musikstücke aus Film und Fernsehen.

Wie funktioniert das: Früher, insbesondere zu “Guild Wars 1”-Zeit habe ich es eigentlich immer über TS und Gildenhalle gehalten. Also einen Musikbot angeschaltet, der dann die Musik spielte, während die Leute im TS dann darüber rätseln mussten, aus welchem Film/aus welcher Serie das Musikstück stammt. Die Antwort erfolgte dann im Spielchat, um ein akkustisches Chaos zu vermeiden. In Guild Wars 2 haben wir uns ein ruhiges Fleckchen ausgesucht; letztes Mal war es das Sprungrätsel im Kubischen Moor.
Da nicht garantiert ist, dass alle Interessierten auch Zugriff auf Guild Wars 2 haben, möchte ich es dieses Mal über Hitbox.tv machen. Vorteile: Integrierter Chat, bessere Qualität als TS, niemand kann dazwischen quaken, Mitspieler brauchen nicht Ingame zu sein/können anderen Aktivitäten nachgehen, Livestreaming (siehe weiter unten).

Was springt für mich (Zuschauer/Mitspieler) raus: Unterhaltung. In der Vergangenheit kam ein derartiges Event immer gut an. Den Leuten war es eigentlich sogar egal, dass ich für jede richtige Antwort noch einen kleinen Preis (Ingamegold) habe springen lassen. Es war eigentlich immer eine Goudi. Aber natürlich lasse ich auch dieses Mal etwas Silber springen – als Sahnehäubchen. Ich hielt es eigentlich immer so, dass die erste richtige Antwort einen Preis bekam. Das Erraten von in meinen Augen etwas schwierigere Musik wurde besser honoriert sowie auch fast zeitgleiche Antworten. Ich denke, ich werde es auch am Sonntag ähnlich halten. Wer einfach nur aus Spaß mitmachen möchte, dem steht es natürlich frei, seinen Gewinn einfach an die anderen Mitspieler zu verteilen.

Was noch: Gleichzeitig dachte ich, wenn wir vielleicht ein paar Leute (zehn aufwärts) zusammen kriegen, könnten wir parallel noch gemeinsam ein paar Dungeons unsicher machen, was dann natürlich auch noch live gestreamt würde (ohne Ton, da Musik und so).

Wo und wann: Diesen Sonntag, 05.04.2015, um 20:00 Uhr auf meiner Hitbox-Seite (http://www.hitbox.tv/murtor). Zum Mithören und -ansehen reicht es, einfach da zu sein. Wer im Chat mitraten möchte, muss sich allerdings auf der Seite anmelden (Trash-Email, Nickname und fertig).

Regeln: Ist lästig, aber ohne wirds leider nicht gehen, dafür aber nichts Außerordentliches und besonders Fragwürdiges.

1.) Lasst bitte eure Wut über den verpatzten Tag, schlechtes Wetter, whatever daheim. Soll heißen: Verderbt den Leuten den Spaß nicht. Kein Flame und so weiter. Nichts einzuwenden gegen Small-Talk.

2.) Ich gebe meist bei jedem Track bekannt, ob der vollständige Name von Nöten ist oder auch nur der Überbegriff. Beispielsweise kann ich z.B. nicht “Star Trek” allein akzeptieren, da es mittlerweile doch einige Filme in dieser Reihe gibt, während ich beispielsweise bei “Chip und Chap: Die Ritter des Rechts” auch einfach nur “Chip und Chap” akzeptiere. Wird aber, wie bereits gesagt, jedes Mal noch zusätzlich erwähnt.

3.) Raten ist erlaubt/gestattet/erwünscht. Übertreiben solltet ihr es dennoch nicht.

4.) Ich möchte um 20:00 Uhr anfangen. Traditionsgemäß wird es aber wahrscheinlich dann noch zwei, drei Minuten später. Warten werde ich allerdings auf niemanden. Das wäre den anderen etwas unhöflich.

5.) Ich nehme mir am Ende das Recht hinaus zu entscheiden, ob einer Antwort zählt oder nicht, sofern sie (mir) grenzwertig erscheint. Ich habe jetzt beispielsweise kein Problem, wenn statt dem deutschen Namen der englische gepostet wird. Auch mal der ein oder andere Rechtschreibblubb ist zu verkraften (Star Wasr). Anders sieht es halt aus, wenn man erst mit zwei Flaschen Wein Vorsprung ansatzweise das Geschriebene dechiffrieren kann.

6.) Wenn eine Titel nicht gefunden wird, wandert der Preis in den Pot. Für die nächste Runde steht also der doppelte Gewinn aus.

7.) Ich möchte darum bitten, den anderen Mitspielern auch eine Chance zu lassen. Es ist nun mal so, dass Schnellschreiber klar im Vorteil sind. Leider kann ich es aber nicht ändern, da ein akkustisches Chaos stattfinden würde, würde ich stimmliche Antworten gelten lassen (beispielsweise über TS).

(Zuletzt bearbeitet am von Maria Murtor.7253)

Guild Wars 2 - Musikvideo: Claws and Steel

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Mein erster wirklicher Versuch, ein eigenes Musikvideo auf die Beine zu stellen, ohne wirkliche Erfahrung von der Materie und besonders tolle Bearbeitungsprogramme. Entwicklungszeit (mit Pause) lag bei zirka fünf Monaten.

Ein weiteres Scarlet-Killing-Video

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Es hat meinen ganzen Samstag in Anspruch genommen … Aber ich bereue nichts. Damit ist für mich das Event abgeschlossen.

Schmutzige Forschung

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

Eine grob geformte Verwerfung klaffte in dem Massiv, fast tausend Fuß von dem Lager der Abtei entfernt; teilweise sogar noch so frisch, dass quellfrisches Wasser wie Blut aus den Adern des Felsen sickerte. Die Eingeweiden des Berges waren zu Schutthaufen so hoch wie Norn getürmt und achtlos weggeworfene Werkzeuge säumten den Schatten des Berges. Ein Tragwerk aus geschälten, oberschenkelbreiten Kiefernstämmen stützte den Höhleneingang und zog sich wie Spinnenweben an der Stollendecke entlang. Fackeln waren grob in den harten, unbeständigen Lehm- und Steinuntergrund gerammt worden, deren fahles Licht die verrotteten, kreuz und quer auf dem zerfallenen Mauerwerk wuchernden Efeusträngen schleimig grün glänzen ließ. Die Luft war stickig und roch zum gleichen Teil faulig wie auch nach einem unendlichen Vorrat an Staub, der bereits nach wenigen Sekunden unangenehm in der Kehle kratzte. Über den launenhaften, schmalen Pfad tiefer und tiefer ins Berginnere neigte sich die Decke gefährlich tief, sodass Exploratorin Gipfelbändiger – die größte der drei und schon jetzt von Spinnenweben arg geplagt – den Kopf einziehen musste. Mit sinkendem Sauerstoffgehalt in der Luft wuchs der Weg langsam in die Breite, bis selbst fünf breit gebaute Norn bequem nebeneinander Platz hätten finden können.
Zuletzt betrat Norx die Halle, in die Alva Gipfelbändiger ihre Kameraden geführt hatte. Die Zeit hatte ihre sichtlichen Spuren hinterlassen: Verblasst zu einer schwachen Erinnerung lag der einst so sorgfältig polierte Marmorfußboden unter Ablagerungen zentimeterdicken Drecks begraben und späte schwächlich aus einigen nicht ganz so verschmutzten Stellen hervor, wo zuvor Mitglieder der Abtei ihre Fußabdrücke hinterlassen hatten. Reliefs grimmig dreinblickender Zwecke, so groß, dass sie jeden Norn noch um einen Kopf überragten, und mit einem Schwert in beiden Händen, deren Klinge zum Boden hin geneigt und breit wie eine junge Esche war, ragten paarweise links und rechts aus den Höhlenwänden, als ob sie über den Ort wachten. Tiefe Furchen jahrelangen Zerfalls befleckten das Gestein der stummen Wächter, zogen sich wie klaffende Schnittwunden durch deren schwere Rüstungen oder durch die gespenstigen Gesichter, einer Tränenspur gleich, als ob sie ihre zu Ende gegangene Dynastie beweinten. Bäume hatten in jahrelangem Kampf ihre Wurzeln durch die bröckelige Höhlendecke geschlagen. Wie schaurige Skeletthände hingen sie herab und schienen nach den Erdbodenbewohnern zu greifen versuchen, um sie ins Totenreich zu zerren. Ein breiter Durchbruch war in die fast parallel zum Eingang liegende Höhlenwand unleidenschaftlich geschlagen worden; noch sehr frisch, wie es wirkte, denn war der Boden davor besonders von Schutt belastet. Exakt in der Mitte des Raums thronte ein besonders auffälliges Stück Gestein. Nichts, was dieser Ort ohne das Zutun eines anderen allein hätte bewerkstelligen können, da die halbkreisförmige Oberfläche zu glatt war, die auffälligen Spuren auf der Fassade zu regelmäßig. Jemand hatte sich außerdem noch die Mühe gemacht, kniehohe Fässer links und rechts von dem Stein zu einer kleinen, dreistöckigen Pyramide aufzutürmen. Es war ein Monument.
„Wo sind Eure Leute, Exploratorin? Müssten hier nicht Restaurierungsarbeiten stattfinden? Ein Skrittbau ist nicht weniger schmuddelig!“ Ihre Augen zu bedrohlichen Schlitzen verengt, schaute Sora Alva Gipfelbändiger anklagend an. Beinahe gleichgültig zuckte diese mit den Schultern.
„Machen wohl gerade Pause. Könnt ihr es ihnen verdenken? Diese muffige Gruft lädt nicht gerade zu einem Bierrat ein.“
Sora Murtor trat an Alva Gipfelbändiger heran. Der Norn reichte sie kaum zu deren Hals, und doch baute sich die Menschenfrau tollkühn vor ihrem Gegenüber auf. Zwischen den Schlitzen ihrer Augen trat das Funkeln und Zucken eines herannahenden Gewitters hervor, während Sora ihren rechten Zeigefinger mehrmals in Alvas Brust bohrte. „Ich bin es allmählich leid, mir weitere Eurer Saufkapriolen anzuhören! Bringt mir Ergebnisse oder, bei Grenth, Eure nächste Ausgrabung wird in dem trockensten, heißesten und entlegensten Winkel der Kristallwüste stattfinden. Habt – Ihr – mich – verstanden, Exploratorin?“ Trotzig straffte Alva die Schultern und öffnete bereits den Mund, als Norx’ Stimme ihre Versuche zur Gegenwehr im Keim erstickte.
„Wenn Ihr fertig seid, Eure banalen Drohgebärden auszutauschen, Magistra, so könntet Ihr Euch vielleicht hier nützlich machen.“ Zähneknirschend stapfte Sora Murtor an der Norn vorbei, nun viel wütender darüber, dass Norx sie indirekt gemaßregelt hatte, statt ihr den Rücken zu stärken. „Eure Meinung?“, fragte der Asura.
Das Artefakt reichte einem Menschen knapp über die Hüfte. Farblich reihte sich der Stein mit der abgerundeten Oberseite nicht zu dem Staub, den Wänden, der Decke und den am Boden lose herumliegenden Gesteinsfragmenten ein. Jemand musste sich die Mühe gemacht haben, einen fremden Stein beizuschaffen, ganz zu schweigen von den aufgestapelten Fässern. Verwitterte Symbole verliefen in vier Reihen von links nach rechts. Die oberste Inschrift stach mit besonders großen Schriftzeichen deutlich hervor.
„Ein Grabstein“, stellte Sora nüchtern und fern jeglicher Begeisterung fest. Ohne das abfällige Schnauben des Asuras, das habe er auch selbst bereits gemerkt, einer Beachtung zu würdigen, ging sie in die Knie und säuberte das Monument mit ihrer rechten Handfläche von dem gröbsten Schmutz. Es waren Zwergenrunen, von denen es hunderte gab. Deldrimor. Steingipfel. Familienrunen. Sogar die unterschiedlichen Adelsgeschlechter hatten ihre ganz eigenen Formen von Wort und Schrift im Laufe der Jahrhunderte gepflegt. Diese – der rechte Zeigefinger wanderte langsam über die erste Zeile – waren unzweifelhaft Deldrimor-Schriftzeichen. „Könnt Ihr sie entziffern?“ Obgleich sich Sora gekniet hatte, befanden sich sie und Norx in gemeinsamer Kopfhöhe.
Selbstbewusst lächelte Norx. „Aber sicher.“ Ein kurzes Zögern ging dem fokussierten Blick voraus, mit dem der Asura die verworrenen Symbole in seinen Geist sog. „Leider ließ ich meine Aufzeichnungen in der Abtei zurück, sonst wäre ich schon fertig. Ihr habt nicht zufällig Eure griffbereit? Nein?“ Er bedachte Soras das Kopfschütteln seiner Partnerin mit tiefen Furchen der Enttäuschung auf seinen jungen Gesichtszügen. „Es kann ja nicht schwerer als die Ausrichtung eines überlagerten, differentiellen Äther-Relais sein. Also …“ – abermals zögerte er – „das hier ist ein krytanisches B“ – sein Finger glitt zum nächsten Symbol –„ ein U … ein T …“
„D“, korrigierte Sora überlegt.
„Ja, ja, das weiß ich doch. Raubt dem Ganzen schon nicht seinen Sinn. Und jetzt stört mich nicht!“, fauchte Norx.

Budger Schwarzpulver,
Freund im Leben, Freund im Tode.
Auf dass wir in den Feuern der großen Schmiede wiedervereinigt werden mögen.
Dein Freund in Ewiger Erinnerung, Rornak Steinkante.

„Nur ein Grab. Nichts weiter. Keine Geheimnisse. Keine weiteren Artefakte. Bei Balthasars Hunden, als ob wir nicht genug zu Staub zerfallener Knochen freigelegt hätten! Nächstes Mal kommandiert gefälligst ein Expeditionsteam von der Granitzitadelle ab, statt uns hier bei jeder noch zu kleinen Leichenbeschau herzuzitieren!“ Die aufgestaute Wut der Magistra entlud sich explosionsartig. Eine weitere Reise umsonst. Auch hier gab es nichts, was dabei helfen konnte, Sierans Tod zu rächen. Nur ein weiteres Zeugnis der Sterblichkeit.
„Ihr vergesst, Sora, hier könnten noch weitere Artefakte verborgen liegen. Bei all dem Aufwand, der betrieben wurde, um diesen Tunnel zu graben und den Raum herzurichten, würde es mich doch sehr wundern, sollte dies nur eine einfache Gruft sein.“
„Jedenfalls“, rief Alva Gipfelbändiger so laut, dass der Grind wie feiner Schnee von der Decke rieselte, „haben wir allen Grund zum Feiern. Betrinken wir uns! Darauf warte ich schon seit Tagen.“ Die Norn baute sich vor der linken der dreistöckigen Fässerpyramide auf. Ihre muskulösen Arme machten Anstalten, das oberste Fass zu packen. Instinktiv schloss sich Sora Murtors Hand um das Handgelenk der Exploratorin. Norx schnitt den drohenden Protest auf Alvas Lippen ab.
„Närrin! Das ist keines Eurer üblichen Gifte, das ist Sprengstoff! Wohl genug, um den halben Berg in seine Bestandteile zu zerlegen.“
Und die Toten aufzuwecken“, fügte Sora zähneknirschend hinzu. Ihr Griff lockerte sich erst, als Alva schmunzelnd die Muskeln entspannte und die Arme zu einer arglosen Handbewegung senkte.
„Warum sollte man nur einen halben Berg sprengen wollen? Sie waren es wohl gewohnt, ihre Dinge nur halb zu Ende zu bringen.“ Zeigefinger und Daumen bildeten eine Lücke, gerade groß genug, dass ein Fingerhut darin Platz gefunden hätte. „Dann leeren wir eben mein Fass. Ist wahrscheinlich auch zehnmal süffiger und zermürbender als jeder Zwergenfusel. Brechen wir auf. So nüchtern war ich seit Tagen nicht mehr.“
Norx’ entspanntes, belustigtes Lächeln konnte Sora nicht nachempfinden. Länger als unbedingt notwendig wollte aber keiner von ihnen unnötig vor Ort verweilen; zumindest in dieser Beziehung waren sie sich einig.
„Schickt Euer Ausgrabungsteam wieder an die Arbeit. Ich möchte genaue Aufzeichnungen über den Grabstein mitsamt originalgetreuer, detaillierter Übersetzung. Und lasst eine vorläufige Inventarliste über alle bisherigen Funde erstellen. Oh ja, und ein Replikat der Runen für meine persönlichen Unterlagen. Exploratorin? Hört Ihr mir überhaupt zu?“
Ungewöhnlich vorsichtig trat Alva Gipfelbändiger an die weite Kluft an der Wand gegenüber des Eingangtunnels. Ihre Stirn warf tiefe Furchen. „Ich kann mich nicht an diese Öffnung erinnern.“ Erst jetzt hatte sie diesen Durchbruch bemerkt. Als ihr Ausgrabungsteam diesen Raum kürzlich freigelegt hatte, hatten sie sich strikt an die Anweisungen aus oberster Instanz gehalten: Bei Funden keine Veränderungen vornehmen, nichts unnötig berühren, kein Verzehr von Passionsfrüchten vor Ort, Übersetzungen alter Runen fachkundigen Gelehrten überlassen – kein weiteres Debakel wie jüngst bei den Ausgrabungen der Rankor-Ruinen, wo Lakki, eine Linguistin der Abtei, unbewusst einen versiegelten Eis-Elementar aus einem Artefakt heraufbeschworen hatte und seitdem die Ruinen von Unwettern mit Hagel groß wie Moa-Eier heimgesucht wurde. Die junge Novizin brach jedes Mal aufs Neue in Tränen aus, wenn Verwalter Gixx diese an ihr „jämmerliches Unvermögen“ erinnerte. Um nicht auf die Gefahr hinauszulaufen, tatsächlich irgendwann ohne einen Tropfen von Hoelbraks edelsten Tropfens im heißen Sand der unwirtlichen Kristallwüste nach Artefakten graben zu müssen, hatte Alva auch nicht angeordnet, weitere Ausgrabungen durchzuführen.
Das schwächliche, um Luft japsende Licht der Fackeln reichte kaum über die Schwelle des Eingangs. Die blauen Augen der Exploratorin verschwammen in der trügerischen Nacht des Tunnels und gaben nur wenig von dem preis, was darin lauerte. Scheinbar provisorisch war der Schutt dieses Durchbruchs grob auf beide Seiten des Stollens geschoben worden. Bizarre Spuren klafften wie Schnittwunden an der Kehrseite des Eingangs, den pockenvernarbten Wänden und der Decke. Mit ihren Fingernägeln fuhr Alva über die Spuren. Sie reichten über eine Elle lang und waren fast einen fingerbreit tief. Kein herkömmliches Werkzeug hatte ihr Einsatz gefunden. Und wer auch immer hier Hand angelegt hatte, hatte den Tunnel nicht für Norn konzipiert. Breit genug, dass ein Charr bequem darin seine massigen Schultern ausbreiten konnte, aber kaum hoch genug für einen Menschen.
Von alleine wird sich der Tunnel nicht gegraben haben“, schnaubte Sora abfällig. „Was seht ihr?“ Norx nickte beipflichtend, war aber eher neugierig als verärgert.
Angestrengt verengte Alva ihre Augen – ohne eine Wirkung zu erzielen. Es kam ihr vor, als stierte sie in das weit geöffnete Maul einer Bestie, von der sie nicht wusste, wie viel Zähne womöglich jeden Augenblick auf ihren Leib zurasen würden. Ein mehr als unangenehmes Gefühl, bei dem sich ihr die Nackenhaare alarmiert aufrichteten und nur noch von dem kaum vernehmbaren, schabenden Geräusch die dunkle Speiseröhre hinab verstärkt wurde. „Schwärzer als die Schwingen des Raben“, murmelte sie knapp, während sie den Kopf verrenkte, um vielleicht doch irgendetwas erkennen zu können.
„Verschont mich! Tretet zur Seite!“ Unwirsch und kompromisslos stapfte Sora Murtor los und drängte sich grob an der muskulösen Norn vorbei. Pechschwarze Nacht, ein Beginn eines schmutzigen Durchgangs, ein dumpfes, entferntes Grollen wie das Magenknurren einer ausgehungerten Bestie. Womöglich war dies die Pforte direkt zur Unterwelt, von der man munkelte, sie solle sich irgendwo in den Zittergipfeln befinden. Es war nichts, was nicht auch Alvas Sinne zuvor ausgemacht hatten; eine Schwelle der körperlichen Schwelle jedoch, die Sora zu überqueren bereit war. Endgültige Dunkelheit verschlang ihren Körper, als die Magistra ihre Augen in stiller Konzentration schloss. Der beißende Gestank des jahrhundertealten Zerfalls, das widerlich kratzende Gefühl im Hals, das heranpirschende Gefühl von Benommenheit ausgelöst durch den Sauerstoffmangel, jeder zuvor gehegte überflüssige Gedanken – ausnahmslos alles wurde aus dem menschlichen Geist getilgt. Ein Licht flackerte vor dem inneren Auge der Elementarmagierin auf, am Anfang noch schwach wie eine müde glimmende Kerze, bald darauf stärker und intensiver als es je Balthasars Flammen hätten bewerkstelligen können. Die Ketten konnten die sorgsam gehüteten Elemente nicht länger bändigen. Als Sora Murtor ihre Augen aufriss, war das Smaragdgrün darin verschwunden. Stattdessen ging ein orangefarbenes Glühen von den Pupillen aus, das einem Sturzbach gleich in die zu Klauen ausgefahrenen Fingerkuppen strömte und dort Gestalt einer kontrollierten Feuerzunge annahm, die die unmittelbare Finsternis durchdrang und das Verborgene dahinter demaskierte.

Fortsetzung folgt …

Schmutzige Forschung

in Fan-Inhalte

Posted by: Maria Murtor.7253

Maria Murtor.7253

„Erzählt es mir noch einmal. Weswegen sind wir hier?“ Griesgrämig zog Sora Murtor ihre Lippen in die Breite, bis sie nur noch ein dünner, rosaroter Strich auf ihrem Gesicht waren. Von Süden her peitschte ihr eine eisige Böe ins Gesicht, fast so, als hielten die klammen Berge der Zittergipfel eine Antwort für den Unmut in der Stimme der jungen, hageren, blasshäutigen Menschenfrau parat. Die noch an diesem Morgen ordentlich gekämmten, langen, silbernen Haare fingen den Wind auf als wären sie Segel und flatterten wie Flaggen. Der dünne Strich, der einst ihr Mund gewesen war, erbebte vor Eiseskälte und nahm daraufhin schnell wieder seine gewohnte Form an, wenngleich auch zu Beginn noch leicht bläulich gefroren. Die wenigen Nackenhaare kräuselten sich, anfangs noch vor Kälte, dann nur noch vor innerlicher Wut. Dass dieser erneute Gefühlsausbruch ihrem Leib mehr Wärme spendete als die nur recht dürftige Robe der Abtei Durmand – ein Orden, der sich der Erhaltung, Entdeckung und Weitergabe jahrhundertealten Wissens verschrieben hatte -, stimmte sie mittlerweile, nach bereits dreieinhalb Stunden Fußmarsch, nicht mehr milde. Auch ihr Reisegefährte, der wie sie ein Mitglied des Ordens war, trug ebenfalls die gleiche Kleidung, ein eher schlichtes, blassblaues Forschergewand. Der Saum der Robe reichte bis zum Fußknöchel und war daher dazu verdammt, auf langen Wanderschaften bedauerlicherweise allzu oft den schmutzigen Boden zu streifen. Die Tracht selber bestand aus edler Seide, so wie man sie dieser Tage fast nur noch im fernen Cantha fand. Muster, abhängig davon, welchen Rang man bei der Abtei bekleidete, zeichneten sich auf der Kleidung ab. Das Beinkleid einfacher Novizen – die rangjüngsten Mitglieder Durmands – schmückte mehrere wellenförmige Streifen auf unterschiedlicher Höhe, während Magister oder Magistra, die höchstrangigen Mitglieder – so wie Sora Murtor eine war – das Privileg genossen, das Emblem dieser Bastion des Wissens, einen anthrazitgrauen, zwergischen Schlüssel mit zwei kompliziert geformten Bärten und einem schildförmigen Haltegriff, auf Brusthöhe zu tragen. Für Forschungsarbeiten innerhalb den massiven Steinmauern der Abtei, insbesondere bei den schier endlos langen Vorträgen über geheimnisvolle Zwergenrunen, der einstigen Glorie längst zu Staub zerfallener Imperien oder der unmittelbaren Gefahr durch die Alt-Drachen, tat die Tracht ihre Arbeit zur Genüge, auch wenn sie dennoch nicht sonderlich kleidsam war, wie Sora fand. Hier aber, in der eisigen Ödnis der Zittergipfel, wo uralte, mächtige Felsgiganten wetteifernd in den Himmel ragten, deren schneebedeckte Gipfel aus der Ferne wie zuckergussbedeckte Süßigkeiten zum Wintertag aussahen; dort, wo selbst die wetterbeständigsten Fichten sehnsüchtig dem immergrauen, wolkenverhangenen Horizont ihre schneebedeckten Nadeln auf der Suche nach einem verirrten Sonnenstrahl entgegenstreckten; der vor Tagen gefallene Schnee noch immer unnachgiebig glitzerte, als ob er gerade erst einer jungfräulichen Wolke heimlich entglitten wäre … In eben dieser Umgebung fühlte man sich mit oder ohne diese Kleidung wie nackt. Erschwerend hinzu kamen dann natürlich noch die unzähligen Gefahren, die in den gigantischen Schatten der verräterischen Berge lauerten: War es nun ein aus heiterem Himmel kommender, unberechenbarer Schneesturm, eine lüsterne Lawine, deren gieriges Verlangen einen unangenehmen Erfrierungstod für den ahnungslosen Wanderer bedeutete, oder aber ausgehungerte wilde Tiere. Wölfe, Greife, Eislindwürmer, Skelke, … sie alle teilten sich die Nachbarschaft, und im Hungerwahn scherten sie sich keinen Deut darum, wie geschliffen eine Klinge in der matten Sonne blitzen konnte, wenn sie erst gezogen wurde.
Ein desinteressiertes Seufzen löste sich nächst zu der Menschenfrau. Norx, ebenfalls ein Magister der Abtei Durmand, hob seinen Kopf zur Seite. „Das wollt Ihr doch gar nicht“, stellte der kleine Asura fest, „sondern nur eine Bestätigung meinerseits, auf welch“ – er räusperte sich vornehmlich -„sinnlose Art und Weise wir doch unser Leben riskieren. Habe ich Recht?“ Kühle Rationalität stand in den großen, minzgrünen Augen der kleinen Kreatur geschrieben, die Sora nur knapp zur Hüfte reichte. Jene Augen begegneten die smaragdgrünen, kalten der Menschenfrau, gepaart mit einer selbstgefälligen Grimasse. Als sich Sora schnaubend, aber sonst schweigend abwendete, machte sich ein zuckersüßes Lächeln auf Norx’ Lippen bemerkbar. Mit kaum einem Wert dieser Welt konnte man die Genugtuung aufwiegen, die ein Asura verspürte, wenn er sich selbst bestätigt fühlte. Tatsächlich ließ sich dieses Verhalten problemlos auf beinahe sämtliche seiner Artgenossen übertragen. Wenn auch von kleiner Gestalt, überragte der asurische Verstand selbst ihre überproportionalen Segelohren. Vornehmlich traf man diese meist eher unangenehmen Zeitgenossen an der Befleckten Küste, im südwestlichen Teil Tyrias, an. Dort, wo sie vor Jahrhunderten von den ersten Anzeichen eines Alt-Drachens an die Erdoberfläche getrieben wurden, hatten sie ihre Hauptstadt errichtet: Rata Sum, eine Hochburg technologischen und arkanen Wissens. So wie es bei diesem Volk gang und gäbe war, traten junge Asura einer von drei großen Hochschulen, den Kollegs, bei, um dort Ruhm, Anerkennung und natürlich den höchstmöglichen Abschluss zu erlangen. Für gewöhnlich gründeten junge Asura Krus, um eigenständig Forschungen zu betreiben, oder gingen im Anschluss in eine Lehre. Diese dauerte Jahre, manchmal sogar Jahrzehnte; das hieß, wenn sie das notwendige Geschick besaßen, zu überleben, denn die Sterberate von Lehrlingen war hoch, fast so hoch sogar, wie die der erfolgreichen Absolventen einer Lehre. Bei Norx allerdings war es etwas anders: Zweimal war er Protegé zweier großer Geister Rata Sums, und zweimal in Folge kamen seine Mentoren auf mysteriöse Art und Weise ums Leben. Seit diesen Vorfällen blieben Norx weitere Lehrstellen vorenthalten. An solch primitive Schauermärchen wie Flüche glaubten die intellektuellen Asura natürlich nicht, doch natürlich waren sie schlau genug, um fortan einen großen Bogen um Norx einzulegen, der wohl seine Mentoren kaltblütig auf dem Gewissen hatte, oder auch nicht – wer wusste das schon? Nun nannte sich Norx selbst Meister, selbst wenn ihm der Arkane Rat, die Regierung Rata Sums – natürlich nur von den gelehrtesten Genies ihrer Zeit geleitet -, dieses ungebührliche Verhalten verkannte. Seit diesem Tage war Norx nur noch selten im sonnigen Süden anzutreffen, sondern zog die stille Forschungsarbeit in der Abtei Durmand vor, in der er sich nach nur wenigen Jahren zum Magister gemausert hatte.
Einen ihrer beiden Stiefel rammte Sora so tief in den Schnee, dass der gräuliche Untergrund der zugewehten Straße darunter zum Vorschein kam. „Vielleicht will ich das“, räumte Sora zornig ein, ohne jedoch wirklich völlig davon überzeugt zu sein. „Aber könnt Ihr mir das verdenken? Ich habe Zhaitans Macht erblickt, die freien Völker Tyrias in einer Flut schleimiger Untoten untergehen sehen, wie die zerfetzten Leiber zu beben begannen, sich noch im Todesgriff in nekrotischer Energie suhlten und wieder erhoben, von der Macht des Alt-Drachens ergriffen. Und Sieran … sie …“ Sora erbebte am ganzen Leib, noch schlimmer als es selbst die kälteste Windböe der Zittergipfel hätte bewerkstelligen können. Es fiel ihr nicht leicht, an die schrecklichen Bilder zu denken, jener Tag, als sie ihre Freundin und Mentorin Sieran bei dem Sturm von Zhaitans Diener auf die Klaueninsel verloren hatte. Jemand muss sie aufhalten, damit die anderen entkommen können. Nein, nicht jemand. Ich.
Auf dem eben vor Genugtuung nur so triefenden, schmutzig grauen Gesichts des Asuras breitete sich ein tiefes Gefühl des Mitleids und des Verständnisses aus, aber auch von Nachdruck. „Sierans Opfer rettete Hunderten das Leben, darunter auch das Eure.“ Er schüttelte den Kopf. „Sie würde nicht wollen, dass Ihr so sehr ihrem Ableben nachtrauert, sondern Euren Blick nach vorne richtet. Dort, wo die Antworten liegen – in dem Wissen und der Forschung. Auch Sieran vertraute stets darauf, dass der Schlüssel über den Sieg gegen die Alt-Drachen in der Forschung ruht. War dies nicht der eigentliche Grund, warum Ihr zur Abtei kamt?“
„Dieses naive Mädchen ist längst nicht mehr.“ Sora Murtor zog eine Grimasse, während sie die märchenhafte Winterlandschaft vor sich betrachtete, so grimmig, dass sie selbst Grenth, dem rauen Gebieter von Tod und Eis, das Fürchten hätte lehren können. „Ihr wart nicht bei der Schlacht um die Klaueninsel dabei. Ihr habt das Grauen nicht erblickt.“ Instinktiv hatten sich die Finger der Magistra um den kalten stählernen Griff einer ihrer beiden Dolche geschlossen, die sie in Hüfthöhe trug. Sie fühlten sich seltsam heiß an, während es sie im Geiste immer wieder auf das Schlachtfeld verschlug, wo sie so viele Leben hatte zu Ende gehen sehen. Fast schon konnte Sora den beißenden Gestank von Verwesung und Schießpulver wieder unangenehm in der Nase brennen spüren, das Donnergrollen der Kanonen und die qualvollen Schreie in Stücke zerrissener Soldaten widerhallen hören, das aufgewühlte Meer schäumen sehen, kurz bevor ihren eisigen Tiefen ganze Heerscharen verrotteter, bis zur Unkenntlichkeit pervertierter Leiber entstiegen. „Rohe Gewalt. Sie wollen unseren Tod? Dann reißen wir sie eben mit! Kampflos wird das menschliche Geschlecht, ob nun ascalonisches oder krytanisches Blut in unseren Adern fließt, nicht untergehen. Bis zum bitteren Ende, zum letzten Blutstropfen, zum letzten Atemzug!“
„Typisch Mensch. Unvernünftig. Irrational.“ Kopfschüttelnd verdrehte Norx die Augen, einmal wieder mit der Gewissheit beseelt, dass er mit seinen Äußerungen natürlich recht hatte. „Tut mir aber bitte einen Gefallen, ja? Lasst es mich wissen, wenn dieser Tag gekommen ist, denn ich werde da sein, um das, was am Ende von eurer Rasse übrig geblieben ist, vom Boden zu kratzen und daraus ein nornhohes Mahnmal menschlicher Torheit anfertigen lassen.“

Über die nächsten Stunden hinweg begegneten die beiden Mitglieder der Abtei Durmand einander stillschweigend. Sora war erbost über die fehlende Opferbereitschaft ihres Gefährten, Norx dagegen kritisierte den Mangel an Einsicht und Vernunft der menschlichen Spezies. So unterschiedlich ihre Geister in ihrem gemeinsamen Streit auch waren, so teilten sie zumindest dieselbe Sturheit. Dem anderen gegenüber klein beigeben stand völlig außer Frage.
Unentwegt trat die bleiche Sonne derweil ihren Triumphzug weiter an, bis sie den höchsten Punkt erreichte. Hatte sie eine Lücke in der dichten Wolkendecke erkämpft, glänzte der alte Schnee auf den sonst Felsen wie auf Hochglanz poliertes Silber, sodass man bei näherem Hinsehen beinahe zu erblinden drohte. Die holprige Handelsstraße – nur von Dolyak-Karawanen befahren oder von wagemutigen Haudegen auf der Suche nach neuen Herausforderungen bereist – wand sich einer unermesslich langen Schlange gleich von beinahe dem einen Ende der Zittergipfel südwärts zum anderen, und weiter ins Dampfsporn-Gebirge. Im Zeitalter, als sich noch die beiden großen Zwergenvölker bekriegten, die Zwerge von Deldrimor und die des Steingipfels, diente der Lornar-Pass als wichtige Handelsstraße des Deldrimor-Reichs. Doch mit dem Verschwinden der Zwerge vor über 200 Jahren zeugten nur noch zerfallene Bauten und metertief unter Schmelzwasser versunkene Ruinen von der einstigen Glorie dieser Bewohner der Zittergipfel. Der letzte unter ihnen, ein Zwerg bekannt unter dem Namen Ogden Steinheiler, stand unter dem Schutz der Abtei Durmand. Die Gelehrtheit des letzten bekannten Überlebenden dieses Volkes stellte sich für die Abtei als unschätzbar heraus. Schon in Tagen, als die Menschheit keinen Fuß auf tyrianische Erde gesetzt hatte, hatten die Zwerge die Bedrohung durch die Alt-Drachen zu fürchten gelernt. Sie besaßen das Wissen, dem unstillbaren Appetit der schuppigen Plage entgegenzuwirken, sie einzudämmen, vielleicht sogar endgültig in die Schranken zu weisen; wertvolles Wissen, das nun als verloren galt. Dieses wiederzuentdecken und zum Wohle aller Völker Tyrias nutzbar zu machen, das war die Intention der Gelehrten. „Eure Macht ist nur so groß wie die Summe Eures Wissens“ – das Axiom der Abtei. Und zu einem solchen Hort des Wissen waren die beiden Magister unterwegs: Eine von einer Ausgrabungsexpedition kürzlich freigelegten Kammer; wohl eine alte Zwergengruft.

Bald schon misste man das markante Ächzen und Knacken der Schneemassen unter den blassblauen Stiefeln der Abtei. Stattdessen das knirschende Geräusch leichten Schuhwerks über den noch gefrorenen, mit losen Geröllablagerungen geLiebscheten Boden. Die nur noch stellenweise rutschige Straße wurde mit sinkendem Abstand zum Himmel wegsamer, die dünne Luft sauerstoffreicher, bodenlos unter baufälligen Granitbrücken oder tückischen Bergpässen klaffende Abgründe seltener. Die kaltherzigen Gebirgsböen flauten langsam ab und gingen allmählich in eine schmeichelnde Brise über, die gerade noch dazu in der Lage war, die leichtesten Schneeflocken durch die Luft tanzen zu lassen. Felsformationen, die in diesem Teil der Zittergipfel in den Himmel ragten, wirkten jung, sogar beinahe kümmerlich im Vergleich zu den grimmigen Fratzen fern des näherrückenden Tals. Erste Nadelbäume hatten ihr weißes Schneekleid und den Schmuck fingerlanger Eiszapfen abgeworfen – ein fremdartiger Anblick, der die Pflanzen beinahe schon kahl wirken ließ. In weiter Ferne, jenseits eines von kleineren Bergkämmen umgebenen Plateaus, auf dessen spärlichem Grün sich hier und da unförmige, schroffe Felsbrocken in der wenigen Mittagssonne räkelten, glitzerte Schmelzwasser, von Dekaden vereint in einem einzigen großen See, so rein, als ob die Göttin des Lebens, Dwayna, es selbst gesegnet hätte. Noch weit davor erregten erste Anzeichen von Zivilisation Aufmerksamkeit.
„Ah, wir sind da“, sagte Norx überflüssigerweise.
Eine Reihe von fünfeckigen, bis zu vier Meter hohen Zelten am Fuße eines weiteren Gebirgszuges, ein notdürftig gezogener Graben, ein wackeliger Aussichtsturm – es war ein typisches Lager der Abtei, so wie man sie in ganz Tyria fand, und zwar immer dort, wo verloren geglaubtes Wissen wieder ans Tageslicht gefördert wurde. Das mächtigste dieser Zelte beherbergte meist das ranghöchste Mitglied, das die Expedition anführte. Sora und Norx entboten auf dem Weg dorthin den sich im Lager befindenden Novizen ein höfliches, doch deutlich distanziertes Zunicken, diese wiederum entgegneten den Gruß mit einem respektvollen Faustschlag auf die Brust oder den Kopf gesenkt zu einer ehrerbietigen Verbeugung. Wenige von ihnen waren vor Ort, was aber auch nicht ungewöhnlich war. Schließlich befand man sich nicht auf einer Urlaubsreise, sondern auf einer wichtigen Mission, vielleicht sogar jene, die Tyria endlich vom Joch der Drachen befreien und den ersehnten Frieden bringen könnte.
„Exploratorin Gipfelbändiger, hier habt ihr Euch also verkrochen! Und wieder einmal habt Ihr Verwalter Gixx um Eure Anwesenheit bei einer seiner Vorlesungen betrogen. So schafft Ihr es nie zur Magistra.“
Von Norden her löste sich eine frostige Böe aus den geschlossenen Mündern der steinernen Riesen und rüttelte zum gleichen Teil an Kleidern, den Zelten, den dort hängenden Bannern der Abtei und an den langen, rubinroten Haaren der leitenden Exploratorin. Verschmitzt lächelnd erwiderte die große Frau den Gruß der beiden Neuankömmlinge, woraufhin sie ihren Kopf weit senken musste, um den kleinen Asura, der ihr noch nicht einmal bis zur Hüfte reichte, anzusehen. „Als ob man mich in den staubigen Bibliotheken der Abtei großartig vermissen würde“, antwortete Alva Gipfelbändiger dem Asura schulterzuckend. „Hier dagegen kann ich mich wirklich entfalten, und beklagen kann ich die Distanz zum Verwalter und dessen albernen Vorschriften auch nicht.“ Ihr Lächeln wurde breiter, während sie eine Handbewegung hinterrücks machte, wo ein Großteil ihres Zeltes von einem großen Eichenfass beansprucht wurde. Der Zapfhahn war bereits angeschlagen; einige Tropfen lösten sich und besudelten den roten, schon jetzt an der Stelle aufgeweichten Teppich darunter. „Bei der Schneeleopardin, wo bleiben meine Manieren? Wollt ihr auch einen Schluck? Björns Gebräu, nicht dieses Seifenwasser aus Götterfels – soll natürlich keine Beleidigung sein, Magistra Murtor, verzeiht.“
Exploratorin Alva Gipfelbändiger gehörte dem Volk der Norn an, Kinder der Zittergipfel, die einst den hohen Norden ihre Heimat genannt hatten. Viele von ihnen hatten für das unvergänglich geglaubte Land ihrer Vorfahren ihr Leben lassen müssen, das nach blutigen Schlachten dem Alt-Drachen Jormag anheimgefallen war. Die üppigen Jagdgründe und prächtigen Hallen waren unter Eis gefangen, tapfere Männer und Frauen zu Drachendienern bekehrt. Doch war nicht der Mut und Tatendrang der Überlebenden gebrochen. Neue, glorreiche Legenden wurden geschmiedet und von den Skalden an den Feuern Hoelbraks, ihre neue Heimat in den südlichen Zittergipfeln, besungen. Manche mochten die hühnenhaften Norn als zu impulsiv und temperamentvoll bezeichnen, andere dagegen als herzlich, leidenschaftlich und lebensfroh, und – wie Asura immer wieder gerne zur Aussprache brachten – auch ein wenig einfältig und nicht selten unflätig. Einig konnte man sich aber sicher sein, dass es solche und solche gab.
Entfalten? Ihr meint wohl eher das Bier auf Eurer sittenlosen Zunge. Und wenn dem so ist, erleben wir wohl keine Überraschungen, sei es nun der Pegelstand Eures Fasses oder der Fortschritt der Ausgrabung.“ Ein Feuer brannte auf Soras von der Kälte geröteten Wangen, dass die wenigen tanzenden Schneeflocken bei der bloßen Berührung ihrer Haut augenblicklich zum Schmelzen brachte.
„Im Gegenteil. Es sind sogar bemerkenswerte Funde, die wir verzeichnen können. Wir sind da auf etwas gestoßen, was ein Zwergenmonument sein könnte; darum auch hat man euch schicken lassen.“ Das kochende Temperament ihrer ranghöheren Kollegin mochte allen Schnee und Eis der Berge in ein gewaltiges Rinnsal wandeln können, das spitzbübische Lächeln der Norn aber blieb ungetrübt.