Ich hab mich neulich wieder eingeloggt und es leider nur 5 min ausgehalten, weil mich dieses Spiel wahnsinnig macht. Geht das eigentlich noch jemandem so?
Es gibt Mechaniken, die sind so nervig, so ätzen, dass sie meinen Puls von 0 auf 250 in 0.25 sec bringen.
Ich meine, da joined man und als erstes gehen da drei Fenster auf, eines bunter als das andere. Irgendwelche becknackten Infos – die mich nicht interessieren, die ich nicht lesen will, die für mich unrelevant sind – tauchen auf und ich muss das erst mal wegklicken. Habe ich das geschafft, penetrieren eine oder wahlweise gleich drei wackelnde und blinkende Truhen meinen Sehnerv in rascher Folge. Ich bin ein echter Gutsmensch und bleibe stets besonnen. Deswegen nehme ich mich der Sache an, nach einem Klick auf die Truhe passieren sogleich lustige Sachen. Sie fliegen mit nervigen Geräuschen an andere Ecken, poppen sofort wieder quer über meinen Bildschirm auf und wollen, dass ich aus lauter Kram irgendeine Auswahl treffe, dabei wackelt und blinkt alles die ganze Zeit – versteht sich.
Habe ich mich zwischen nutzlosen Klunkern, wertlosen Kleidungsstücken und basis Handwerksmaterialien in der Menge 1 entschieden, zischen die alle in mein Inventar – d. h. dort wären sie gelandet, wenn das nicht voll wäre.
Also Öffne ich das Inventar und prompt springen mich allerlei bunte Icons an. Ab hier beginnt der mühsame Prozess des Selektierens. Ein ganzes Arsenal an Wiederverwertungskits steht da zur Verfügung. Mit denen kann ich Schrott in Schrott umwandeln. Ist mal nicht Schrott dabei, ist es fast unmöglich zu erkennen, ob es sich da um was wertvolles handelt – deswegen wird es trotzdem verschrottet oder in Pfennigbeträge zu einer der ungefähr 50 Spielwährungen umgemüntzt. Natürlich habe ich auch keine Ahnung, wo zum Teufel ich jetzt Omas Apfelkuchen gegen die 8 noch herumliegenden Spinnenbeine eintauschen soll. Dann gibt’s da noch Karma, funkelnde Kristalle, Silber, Ehrenpunkte, Klomarken, Essensgutscheine und Du-kommst-aus-dem-Gefängnis-frei-Karten (bin mir ehrlich gesagt, nicht mehr ganz sicher, wie die Währungen jetzt genau hießen).
Wenn man sich also wie ein Holzfäller durch sein Inventar hackt, vergeht dabei schon gut und gerne eine halbe Ewigkeit und es gibt gleich schon wieder Mittag zuhause. Also wird das Tempo energisch erhöht – damit wir vor dem Abendbrot durch sind. Jetzt kommen aber die echten Endgegner und das entschlossene Spielerherz wird feststellen, dass bis jetzt alles nur der Anfang war, quasi die Low-Quality-Abteilung der Over-9000-Nervskala:
Truhen, Taschen, Säcke, Beutel, Boxen, Kisten, Schatullen, Pakete und weiß der Geier was, in denen wiederum Truhen, Taschen, Säcke, Beutel, Boxen, Kisten, Schatullen und oder Pakete sind. Das hat A-Net wirklich zur Perfektion getrieben – das muss man ihnen lassen. Es ist problemlos möglich, sich durch zig Ebenen Kisten zu klicken, bis man sich zu dem oben genannten Unrat durchgegraben hat.
Natürlich, denkt das leidgeplagte Spielerchen, schmeiße ich die ganzen Dreckskisten doch einfach über Bord. Denkste. Bei dem Versuch das depressionverursachende Übel zu entfernen, wird erstmal eine “Schreibe-den-Item-Namen-Attacke” gestartet. Groß- und Kleinschreibung ist zu beachten. Nun heißt das selbstredend nicht “Kiste” sondern der gemeine A-Net Mitarbeiter hat das genussvoll in “Geheimnisvoll glitzernde Schatulle der unendlichen Sinnlosigkeit” oder “Unnützes Piratenfrachtgut mit verrostetem Scharnier aus Edelstahl” umgetauft.
Nur die härtesten Spieler erreichen das nächste Level. Hat man sich aller Kack-Items entledigt und würde jetzt gerne loslegen, verrät ein fettes “Trallari-trallara-die-Post-ist-da-Zeichen” das Gerome-Einauge mit seinem besten Freund Frida-Knittertüte irgendwo im Nirgendwo ne krasse Borhmaschine entdeckt hat, die sich jetzt weltenbedrohend durch Maulwurlfsbergland gräbt. Zur Feier des Wahnsinns erfährt der tapfere Recke, dass ihn ein 0815 NPC auf ne “Mega-Party” einlädt und ungefragt finden sich im Anhang auch gleich die dazugehörigen Eintrittskarten, inklusive einem nervigen Party-knall-irgendwas-Geschenk, mit dem man Kuchen verschießen kann.
Was man damit anfängt, wenn man Kuchen nicht leiden kann, sagt einem niemand. Der Post wird natürlich nicht geöffnet, damit einem die ganzen Pearl Partygadgets nicht das Inventar verstopfen – aber irgendwie landen sie dann doch immer da.
Also es kann sein, dass der ein oder andere Gedanke emotional gefärbt ist, aber im Kern ist es sicher relevant und nachvollziebar:
Guild Wars 2 wurde für eine Generation Candy Crush und Angry Birds spielender Menschen entworfen, die nach Casualgameplay und 8 sekündiger Triebbefriedigung suchen. Menschen, die sich Blockbuster nur wegen der Werbeunterbrechung ansehen. Das Gamedesign intendiert dabei keine Möglichkeit, sich dem zu entziehen.
Du musst schon viel Durchhaltewillen mitbringen, mein Freund. Die erste Ad-Block-App für Guild Wars wird populärer als das Spiel selbst.
Gruß
(Zuletzt bearbeitet am von Cambrian.7192)